Einzelnen Beitrag anzeigen
10. July 2002, 17:28   #1
tw_24
 
Benutzerbild von tw_24
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 1.018
Solidarität mit Saddam!?

Auf meinen ziellosen Reisen auf der Suche nach geistigem Halt landete ich neulich auf den Webseiten vom Linksruck, einem in Teilen gar nicht unsympathischen Kampfblatt "gegen Krieg und Stoiber" und "für internationalen Sozialismus", das durch diese Selbstcharakterisierung immerhin schon einmal die Frage aufwirft, ob den Machern vielleicht von Gerhard Schröder und Joseph Fischer zu verantwortende Kriege lieber sind als christsoziale Kreuzzüge.

Als mit antideutschen Positionen liebäugelnder interessierter Leser stürzte ich mich natürlich sofort auf die Berichterstattung über den Irak - und fand all das bestätigt, was aus antideutscher Sicht gegen diese Art des "linken Establishments" vorgebracht wird, das ganz offenbar die Augen davor verschließt, daß Saddam Hussein bei aller ideologischer Gegnerschaft zu George W. Bush der schlimmere "Durchgeknallte" ist.

In der Ausgabe 131 vom 28. Mai 2002 formuliert ein Jan Maas (Nein, ich kenne ihn nicht.) unter der BILD-verdächtigen Überschrift "Kriegstreiber sucht Komplizen" und der Zwischenüberschrift "US-Präsident Bush will Krieg gegen den Irak." einen Artikel, der beinahe schon zur Hymne auf Saddam Hussein gerät, der als verfolgte Unschuld vergleichsweise glimpflich davonkommt. "Alle 12 Minuten stirbt ein irakisches Kind an den Folgen des Embargos. Die Ärzte können kaum helfen, weil das Gesundheitssystem von Importen abhängig ist und die meisten Medikamente unter das Embargo fallen." erfährt da der Leser, und auf ein Zitat Uta Watermanns von der Organisation Internationale Ärzte gegen den Atomkrieg (IPPNW) - "Und wir sind keine Freunde von Saddam Hussein" - meint der Autor doch tatsächlich, den Leser noch belehren zu müssen: "irakischer Diktator, die Redaktion".

Doch genau damit bricht er sich argumentativ das Genick, der wackere linksruckende Friedensfreund, denn woher er die Erkenntnis gewinnt, daß Saddam Hussein ein Diktator ist, verschweigt er; zugleich jedoch baut er George W. Bush zu einem Monster auf, gegen das Saddam Hussein verteidigt werden muß, dessen folternde und mordende Diktatur es wohl "für internationalen Sozialismus" zu verteidigen gilt.

Daß sich Linksruck damit einfach mal mächtig lächerlich macht, merkt der Autor nicht, merkt offenbar auch seine Redaktion nicht, die damit in ihrem blinden Anti-Amerikanismus genau nach dem überkommenen Muster "Der Feind meines Feindes ist mein Freund" eine zumindest verbale Allianz mit Saddam Hussein schließt, der nur in seiner Rolle als Opfer us-amerikanischer Interessenpolitik dargestellt wird.

Ich persönlich schäme mich für solche "Linken", die in der Diktatur des Saddam Hussein offenbar eine Ordnung verwirklicht sehen, die verteidigt werden muß, während sie ignorieren, daß ihr strahlender Held mit (deutschem) Giftgas gelegentlich recht freizügig umging und heute noch jede Opposition folternd und mordend zu unterdrücken versucht, wie das eben ein Diktator macht, der im Linksruck aber anscheinend verteidigt werden muß, weil er etwas gegen die USA (und Israel) hat.

Ich würde nicht unbedingt George W. Bush um den Hals fallen, denn es geht ihm sicher nicht um die Menschen, sondern um den Zugriff auf nicht unwesentliche Erdöl-Reserven, doch ein erfolgreicher imperialistischer Krieg gegen Saddam Hussein, an dessen Ende keine Diktatur stünde, wäre durchaus ein Fortschritt, auch wenn dabei zwangsläufig unzählige Unschuldige sterben würden, denn man kennt ja die Präzision us-amerikanischer Kriegführung zum Glück (hoffentlich) nicht aus eigener Erfahrung.

MfG
tw_24