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22. July 2002, 16:13   #2
tw_24
 
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Ich kopiere auch mal. Und zwar mich ;-), denn interessant ist die Diskussion durchaus.
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Der Begriff "Fünfte Kolonne" stammt aus der Zeit des spanischen Bürgerkrieges, als der faschistische General Franco mit vier "Kolonnen" gegen die spanische Hauptstadt zog. Die "Fünfte Kolonne" bildeten Francos Anhänger in der bedrohten Stadt, die also von innen gegen die spanische Republik kämpften.

Wen könnte man nun in diesem Artikel als "Fünfte Kolonne" bezeichnen, wen als "Erste Kolonne"? Herrscht überhaupt eine "kriegerische" Situation?

Für den Autor ist die Lage offenbar klar. Die USA sieht er im Griff einer jüdischen Lobby, die, ferngesteuert aus Israel, das us-amerikanische (nichtjüdische) Volk knechtet, das sich nur noch vereinzelt gegen das jüdische Diktat wehrt - insofern stimmt aber die Überschrift eigentlich nicht mehr, denn offenbar war die "Fünfte Kolonne" - also die "amerikanische Israellobby", wie sie der Autor bezeichnet - schon längst erfolgreich. Dieses Bild wird jedenfalls im ersten Abschnitt gezeichnet, verstärkt dann noch etwas später: "Eine solche Politik ist selten zum Besten Amerikas", womit sich denn auch das eigentliche Ziel des Artikel abzuzeichnen beginnt: Israel, nein, das gefährliche zionistische Israel. Daß Adolf Hitler ganz ähnliche Ansichten über die USA pflegte, sei nur am Rande vermerkt. Auch er sah die USA unterjocht vom "jüdisch beherrschten internationalen Leihkapital[s]", das us-amerikanische Volk sei - verraten und verkauft von Woodrow Wilson - "Marionette" der "jüdischen Rasse", der "jüdischen Presse".

Vertieft wird dieses Feindbild dann unter der Zwischenüberschrift "Das Problem der zweifachen Loyalität". Hier wird versucht, mit der sachlich übrigens falschen Behauptung, jeder nicht in Israel geborene Jude werde automatisch dessen Staatsbürger in der Diaspora (Richtig ist, daß Israel aber Juden aus aller Welt aufnimmt und ihnen dann, aber erst dann, die israelische Staatsbürgerschaft verleiht.), einen Interessenkonflik herbeizuschreiben, mit dem jeder "Doppelbürger" zu kämpfen habe. Mit anderen Worten: Ein deutscher Jude kann eigentlich kein "richtiger" Deutscher sein, ein französischer Jude kein "richtiger" Franzose u.s.w.. Auf diese Weise werden in aller Welt "Fünfte Kolonnen" Israels konstruiert, weil auch den Juden in der Diaspora an der Existenz Israels gelegen ist.

Doch ist die zweifellos religiöse Bindung an Israel eigentlich Grund genug, schon von "Fünften Kolonnen" zu sprechen?

Israel ist für Juden nun einmal heilig, wie für Katholiken in aller Welt wohl der Vatikan als eine Art übergeordnete (Welt-) Regierung "heilig" ist. Doch sind diese Katholiken etwa "Fünfte Kolonnen"? Würden Katholiken im Fall einer existentiellen Bedrohung des Vatikans diesem nicht auch beistehen, egal in welchem Land sie nun gerade leben mögen?

Aus diesem angeblichen Loyalität-Problem werden dann Begriffe wie "amerikanische Israel-Lobby" oder "Gedankenpolizei" konstruiert, die einen eher negativen Klang haben. Doch zunächst ist eine Lobby nichts anderes als ein Interessenverband, der die Interessen seiner Mitglieder vertritt. Und aus dieser Sicht ist es einfach mal eine Selbstverständlichkeit, daß us-amerikanische jüdische Interessenverbände die US-Politik im Sinne einer Existenzsicherung Israels zu beeinflussen versuchen, ebenso, daß sie sich gegen einseitige Kritik an Israel wenden. Ob sich aus gewissen Erfolgen dabei schon eine übermächtige zionistische Lobby herleiten läßt, die die USA-Administration(en) jeweils fest im Griff hat, scheint fraglich. Denn wie allein das Erscheinen des Zeitenschrift-Artikels in einem deutschsprachigen Magazin in Deutschland zeigt, gelingt es dieser vorgeblichen Lobby schon nicht einmal im vergleichsweise kleinen Deutschland, derartige Artikel zu verhindern - wie sollte sie es dann in den USA schaffen?

Aber weiter geht der flotte Ritt auf dem "Loyalitätsproblem" - es kommen die Geheimdienste ins Spiel, über die man - weil sie ja meist wenig transparent arbeiten - alles und nichts behaupten kann. Hier wird die Tatsache - und traurige Selbstverständlichkeit -, daß sich auch "Freunde" ausspionieren wieder gegen Israel verwandt, weil es so schön ins aufgebaute Feindbild paßt. Daß es in diesem "Geschäft" üblich ist, enttarnte Agenten eher leise abzuwickeln, liegt wohl eher daran, daß man sich die öffentliche Blamage der eigenen Spionage-Abwehr ersparen will - und nicht etwa an irgendeiner Lobby.

Über einen kleinen Ausflug in den Irak landet der Autor bei der Atommacht Israel, vergißt aber zu erwähnen, daß Saddam Hussein die größten Giftgaseinsätze seit dem Ende des 1. Weltkrieges auch gegen die eigene Bevölkerung zu verantworten hat, während Israel einen offensiven Kernwaffeneinsatz noch nicht einmal angedroht hat. Und auch wenn Israel sich nicht in die Karten blicken läßt, was in der Tat bedauerlich ist, so ist der Irak heute wohl doch die größere Bedrohung in der Region.

Geradezu ein wenig lustig wird es dann bei den Anschlägen vom 11.09.2001, über die dem israelischen Geheimdienst angeblich Informationen vorgelegen haben sollen - zu welchem Zweck sollten diese zurückgehalten worden sein, wenn es sie denn überhaupt gab? Der Autor gibt darauf keine Antwort, lädt aber schon einmal zum fröhlichen Spekulieren ein und meint, mit diesen Vermutungen belegen zu können, daß die nichtjüdische Bevölkerung in den USA von der "Israellobby", der in Israels Auftrag agierenden "Fünften Kolonne", unterdrückt und mißbraucht wird - womit eben die These unterstützt werden soll, daß die jüdische "Fünfte Kolonne" durch ihren Einfluß "ureigensten" us-amerikanischen Interessen schade.

Ganz schweres Geschütz fährt der Autor dann unter der Überschrift "Das Christentum - ein Auslaufmodell?" auf. Die Grenzen zwischen dem "religiösen" Israel und der "religiösen" USA sind schon längst gefallen, der jüdische Glaube, meint der Autor, unterziehe das "amerikanische Volk" einer "Gehirnwäsche" mit dem Zweck, die christlich-abendländischen Moral- und Wertvorstellungen zurückzudrängen. Es werden wieder ein paar Einzelfälle aufgeführt, die die These bestätigen sollen. Daß es möglicherweise aber bei manchen dieser allenfalls zum Indiz taugenden Vorfällen umd das Bemühen handeln könnte, die Trennung von Staat und Kirche zum Beispiel in/an Schulen und Kindergärten durchzusetzen, kommt dem Autor jedenfalls nicht in den Sinn.

Apropos Schulen - das gehirngewaschene us-amerikanische Volk ist natürlich strohdumm, wird mit niveauloser Boulevard-Unterhaltung in den Medien unter- und dummgehalten. Verantwortlich dafür - die üblichen Verdächtigen von der "Israellobby", die, wie der Autor rätselhafterweise konstatiert, an und in Europa offenbar noch scheitern, denn "beinahe mustergültig" stehen europäische Medien da - "das gilt vor allem für das Thema Nahost". Womit sich erneut die Frage stellt, wieso es die europäischen "Fünften Kolonnen" des Zionismus noch nicht geschafft haben, die Europäer auf ihre Linie zu bringen.

Im letzten Abschnitt erfolgt dann noch die wohl unvermeidliche Abrechnung mit dem Staat, von dem all das Übel in den USA ausgeht - Israel. Zitiert werden, wo es ins Konzept paßt, gewissermaßen unangreifbare Personen, um Israel geplante "ethnische Säuberungen" vorzuwerfen, gar die Idee eines "rein jüdischen" Staates, in dem - natürlich - auch alle schon von Kindesbeinen an einer "Gehirnwäsche" ausgesetzt sind. Gezeichnet wird ein Israel, das es gar nicht gibt. Israel wird dargestellt als eine nach Weltmacht strebende fundamentalistisch-religiöse Diktatur, die zumindest die USA schon weitgehend kontrolliert.

Durch diese düstere Darstellung wird am Ende mehr als deutlich, daß es bei diesem umfangreichen Artikel darum geht, den jüdischen Glauben zu verdammen, der sich von Israel aus in aller Welt ausbreiten will, um ganze Völker zu beherrschen - woraus dann nur noch ein Schluß gezogen werden kann: Die Juden sind unser Untergang.

MfG
tw_24