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29. July 2002, 17:41   #14
tw_24
 
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Zitat:
Zitat von Robert Anton Wilson
Er schluckte Amphetaminpillen, um seinen zermürbenden Vierundzwanzig-Stunden-Tag durchzustehen, mit dem Resultat, daß sein Weltbild ganz schön in Richtung Paranoia abgeglitten war; er schluckte Tranquilizer, um seine Ängste und Sorgen in Schach zu halten, mit dem Resultat, daß sein gleichgültiges Gelöstsein manchmal an Schizophrenie grenzte; seine angeborene Schläue machte es ihm die meiste Zeit über dennoch möglich, die Realitäten fest im Griff zu haben. Kurz gesagt war er den Machthabern von Amerika und China sehr ähnlich.

(Quelle: Robert Anton Wilson: Illuminatus! Das Auge in der Pyramide. Hamburg 1996. S.55.)
Na gut, dann gebe ich noch einmal den israelischen Botschafter - vielleicht liest man hier ja mit und bietet mir ein Büro mit funktionierender (!) Klimaanlage. Und Atheist will ich natürlich auch bleiben dürfen ;-).

[Sarkasmus/Zynismus Ein]

Daß die deutsche ARD das Interview mit dem Ministerpräsidenten Israels, Ariel Scharon, einen Tag nach der Tötung des Hamas-Führer Salach Schehada ausstrahlte, bei der bedauerlicherweise auch einige Zivilisten ums Leben kamen, stellt eine ungeheuerliche Provokation Israels durch den öffentlich-rechtlichen Sender ARD dar.

Gerade durch die süffisante Vorbemerkung einer Ansagerin, das Gespräch sei vor der erfolgreichen Aktion vom 22. Juli aufgezeichnet worden, wird ein Zusammenhang hergestellt mit dem tragischen Tod unbeteiligter Zivilisten, die der Terroristenführer zweifellos als "menschliche Schutzschilde" mißbraucht hatte. Er wußte, daß er als einer der grausamsten Terroristenführer gesucht und seiner gerechten Strafe nicht entgehen würde, also hielt er sich bewußt in einem Wohnhaus auf und ist damit alleiniger Verantwortlicher für den unnötigen Tod der übrigen Hausbewohner.

Wie in dem Friedman-Interview vom Montag betont wurde, bedauert Ministerpräsident Ariel Scharon jedes unschuldige Opfer des legitimen Selbstverteidigungskampfes Israels zutiefst. "Ich habe viele Jahre als Soldat gedient und ich weiß, daß es in Kriegen und Schlachten manchmal zivile Opfer gibt. Und jedes dieser Opfer ist eine Tragödie!" erklärte er dem deutschen Talkmaster und machte auch auf den entscheidenden Unterschied zwischen dem israelischen Anti-Terrorkampf und dem palästinensischen Terrorismus aufmerksam. Während die israelische Armee Terroristen auszuschalten versucht, die schon hunderfaches Leid über die israelische Bevölkerung gebracht haben, "sind die von den Palästinensern ausgewählten Ziele Zivilisten: Babies und Kinder. [..] Jedes Opfer ist eine Tragödie und ich bedauere das. Aber diese Opfer waren nie ausgewählte Ziele."

[Sarkasmus/Zynismus Aus]

Zitat:
Zitat von tw_24
Ich habe damit kein Problem. Nur möge man bitte all die Diktatoren vorher verurteilen [..]
Zitat:
Zitat von quentin
wie gesagt, Recht ist unteilbar, außer wenn es sich um Israelis jüdischen Glaubens handelt, denn dann ist Mord Selbstverteidigung [..]
Ich habe, wenn ich mich recht entsinne, die Praxis der "präventiven" Tötungen hier noch nie gutgeheißen, zumindest habe ich sie aber sicher nicht als rechtmäßig bezeichnet (Und von der Todesstrafe halte ich nur in den wenigsten Fällen etwas ...). Wenn Israel als Rechtsstaat in der Region Vorbild sein will, dann müssen rechtsstaatliche Grundsätze des internationalen Völkerrechts auch bei der Behandlung von Terroristen angewandt werden. Internationales Völkerrecht deshalb, da israelisches nationales Recht nur innerhalb Israels gilt. Aber das ist eher ein Detail am Rande. Wenn ein israelisches Gericht nach israelischem Recht einen der Drahtzieher von Terroranschlägen in Abwesenheit wozu auch immer verurteilen und erst danach die israelische Armee aktiv werden würde - wobei freilich die Verhältnismäßigkeit der Mittel gewährleistet werden muß -, könnte ich mich durchaus mit dieser dennoch wenig menschlichen gezielten (!) Liquidierung von Terroristen anfreunden.

So wie sie allerdings jetzt praktiziert wird, hat (und hatte) sie nicht meine Unterstützung.

Daß die israelische Regierung nach der Aktion vom letzten Montag diplomatisch zurückrudert, ist in meinen Augen wenig glaubwürdig. Wer nachts ein Wohnhaus beschießen läßt, ist entweder ein Volltrottel, der Krieg nur vom Schreibtisch her kennt, oder ein Unwesen in Menschengestalt, das, ähnlich dem deutschen Außenminister Joseph Fischer, öffentlich zumindest verbale Krokodilstränen vergießt ("Und jedes dieser Opfer ist eine Tragödie!"), um dann aber erst recht so richtig loszulegen - mit dem Schießen und den Krokodilstränen.

Mit anderen Worten: Wer nachts ein Wohnhaus plattmacht und dann Mitleid mit den unbeteiligten Opfern äußert (oder äußern läßt), ist ein verlogener Heuchler. Und wenn das dann auch erst nach internationaler Empörung geschieht, wird das Bedauern vollends zur Farce.

Gänzlich unglaubwürdig wird das Bedauern dann auch vor dem Hintergrund, daß Ariel Scharon im Friedman-Interview die zivilen Terroropfer Israels hochrechnet auf Deutschland, EU oder USA, um für Verständnis für seine Politik zu werben. Das ist billige Propaganda, die Gefühle wecken soll, sich aber eben durch Sätze wie "Und jedes dieser [palästinensischen] Opfer ist eine Tragödie!" selbst vortrefflich entlarvt.

Doch umgekehrt argumentieren Gegner Israels - und ich sage jetzt ausdrücklich "Gegner", nicht Kritiker - ganz ähnlich. Weil die israelische Armee leider oft genug die Falschen trifft (durchgeknallte jüdische Siedler fallen für mich mit in die Kategorie "fundamentalistische Terroristen"), meinen sie, gezielt "die Falschen" angreifen und treffen zu dürfen - allerdings schicken sie "lebende Bomben", die so ziemlich die perfideste Erfindung sind, die die Menschheit je hervorgebracht hat. Sie schicken Menschen, die nur noch ein Ziel haben - ihren eigenen Tod.

Ein "normaler" Soldat funktioniert nur, weil er überleben will - "Ich muß schneller sein, als der andere, sonst legt er mich um." - diese lebenden Bomben jedoch sind schon längst tot, wenn sie losgeschickt werden - und ob sie am Ende entdeckt und aus ihrer Sicht vorzeitig entschärft (=getötet) werden oder ihren Zielort erreichen, ist völlig egal - "Märtyrer" sind sie so oder so, das Himmelreich ist ihnen sicher. Das ist Terrorismus um des Terrors selbst willen, kein wirklicher Widerstand.

Wie soll Israel auf diese Art terroristischer Selbstaufgabe angemessen reagieren? Irdische Strafen schrecken nicht ab, und selbst mit irdischen Genüssen im Überfluß ließen sich solche religiös verblendete menschliche Bomben wohl kaum zur Aufgabe locken. Zugleich wird dadurch deutlich, daß diese Art des Terrorismus auf der irdischen Ebene (bzw. auf der Erde) gar kein richtiges Ziel mehr verfolgt, über das sich vielleicht verhandeln ließe. Und das ist das Dilemma der 2. Intifada, an deren Ausbruch Ariel Scharon sicher nicht unbeteiligt war, als er wie ein Elefant im Porzellanladen auf dem Tempelberg wahlkämpfte.

Aber bei aller Kritik an ihm und seiner Politik: Wie kann Israel sich angemessen vor solchem Terrorismus schützen?

Macht mal ein paar Vorschläge, ich leite sie dann an meinen neuen Arbeitgeber weiter, der sich freilich noch nicht bei mir gemeldet hat :-(.

MfG
tw_24