Einzelnen Beitrag anzeigen
12. August 2002, 14:00   #6
tw_24
 
Benutzerbild von tw_24
 
Registriert seit: May 2002
Beiträge: 1.018
Die SPD ist doch immer wieder für Rätsel gut - und natürlich auch als Zielscheibe für Spott geeignet. Am 08. August hatte Franz Müntefering die offizielle Wahlkampf-Anzeigen-Kampagne vorgestellt und sie mit allerlei Superlativen gelobt. "Das ist ein Blick hinter die Kulissen", war da noch eher bescheiden, sogar "in ihrer Form in der politischen Werbung völlig neu" sollen die Plakat-Motive sein, die in einem "Reportagestil" gehalten sein sollen, der der guten alten Print-Reportage so gar nicht ähnlich sieht, denn ein paar Worte mehr dürften es da schon sein - ganz abgesehen davon, daß die Sprüche allesamt auch von Edmund Stoiber stammen könnten.

Nun, ein Motiv fand meinen Gefallen ;-), ich schrieb also eine nette E-Mail an Franz Müntefering (der Mann hat einen Referenten, der sonst eigentlich immer recht schnell mit nichtssagenden Antworten zurückmailt, diesmal aber nichts als Funkstille ...) mit ein paar Fragen - und prompt verschwand das Bildchen von der SPD-Homepage, was aber noch nicht viel heißen muß, denn gedruckt ist das Ding bestimmt schon dutzendfach, also wird es auch wieder auftauchen. Und zwar ganz groß.

Ich kann es leider nur im Kleinformat präsentieren, aber das reicht eigentlich schon ...





"Gute Politik schafft mehr als Tatsachen. Nämlich Vertrauen." heißt es da in einem Primitivdeutsch, das an sich schon eine Beleidigung und Verhöhnung des Betrachters darstellt, doch schlimmer noch ist das Bild hinter der Sprechblasen-Botschaft.

"Vertrauen" in Dunkelmänner? "Vertrauen" in Umrisse, die kaum mehr als Schatten sind? Und wenn mich mein durch jahrelange Folter mit Erich Honecker-Plakaten deformierter physikalischer Restverstand nicht täuscht, ist sogar das ganze Arrangement ein Unding, weil es sich nicht mit einschlägigen Naturgesetzen vereinbaren läßt (Wobei damit natürlich der erste Satz durchaus zutreffend wäre - man muß halt darauf vertrauen, daß stimmt, was man sieht. Politik schafft Tatsachen, auch wenn es diese gar nicht geben kann ...).

Da sitzen also zwei Herren in einem unheimlich dunklen Raum beisammen - Drohen Luftangriffe? - und palavern über irgendetwas. Das ist eventuell noch nachvollziehbar. Doch dann steht da ja auch noch diese etwas ältlich wirkende Tischlampe nicht nur einfach herum, sondern ist leucht-zentral plaziert und sollte daher strahlen, strahlen und - vor allem - erhellen, erleuchten [nur für Ben-99: zwangs-erleuchten ;-)], illuminieren.

Doch das tut sie, die Lampe, die damit als Sinnbild für einen Geistesblitz gnadenlos versagt, nicht!

Gerhard Schröders Gesprächspartner bleibt schemenhaft im Dunkeln wie einst der "Feind hört mit"-Umriß, und der Kanzler selbst ist frontal verdunkelt, als hätte er - solidarisch mit den deutschen uniformierten Helden in aller Welt - versucht, sich mit Schuhcreme im Gesicht für den Feind unsichtbar zu machen.

Gerhard Schröder blickt mehr oder weniger direkt in das Licht - und trotzdem ist sein Gesicht ungefähr so schwarz wie, hmmm, der Hintergrund meines bevorzugten Skats-Board-Themes. Das kann doch eigentlich physikalisch nicht sein, oder?

Vertrauen schafft man durch Offenheit, Gerhard Schröder liebt offenbar nicht nur die Dunkelheit, sondern auch die plumpe Fälschung.

[Nachtrag]
Ich sehe gerade bei Spiegel online, warum dieses Plakat nun doch nicht öffentlich wird:
Zitat:
Zitat von Spiegel online
SPD muss Plakat einstampfen

Weil ein Werbe-Fotograf unbeabsichtigt den Korrespondenten einer Tageszeitung mit aufs Bild nahm, als er den Kanzler ablichtete, muss die SPD eines ihrer Wahlkampfmotive zurückziehen. Einmal jedoch ist die Anzeige noch zu sehen, denn für den SPIEGEL kam die Rückholaktion zu spät ...

http://www.spiegel.de/politik/deutsc...209009,00.html
[/Nachtrag]

MfG
tw_24