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13. August 2002, 13:48   #1
jupp11
 
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Wenn ich nicht wisst, was SM ist....

...hier eine Erklärung:
Zitat:
Was ist SM eigentlich?


Das ist aufgrund der unterschiedlichen Vorlieben schwer zu definieren. Ist für den einen die körperliche Reaktion auf Schmerz und Extremsituationen oder ein Rollenspiel mit dem Partner von besonderem Reiz, ist es für die andere die Lust an der Unterwerfung. Fesselungen aller Art sind genauso vertreten wie geregelter Machtaustausch in der Partnerschaft. Die Intensität dieser Phantasien und Praktiken ist unterschiedlich, genauso, ob sie nur das Schlafzimmer oder weitere Lebensbereiche betreffen. Es gibt genauso Menschen, die nur an einer Seite und einzelnen Praktiken Freude haben wie Leute, die auf beiden Seiten (oben und unten) switchen. Keinen von ihnen macht seine Vorliebe zu einem besseren oder schlechteren Menschen und auch nicht zu einem "richtigen" oder "falschen" SMer. Der Übergang zu "normalem" Sex ist fließend - viele derer, die Augenbinden und Fesseln bei ihrem Sex benutzen, würden die Bezeichnung als "Sadomasochisten" für sie zurückweisen.
Mittlerweile hat ein weitere Abkürzung an Raum gewonnen, die die Vielfalt der Herangehensweisen mehr betont: BDSM ("Bondage & Discipline"/"Dominance & Submission"/"Sadism & "Masochism").



Warum heißt das eigentlich so?


Die Bezeichnung "Sadomasochismus" ist abgeleitet von den Namen des französischen Philosophen François Alphonse Donatien Marquis de Sade (1740-1814) und des österreichischen Schriftstellers Leopold Ritter von Sacher-Masoch (1836-1895). Erstmals tauchten sie in der "Psychopathia Sexualis" von Krafft-Ebbing, einem medizinischen Lehrbuch des späten 19.Jahrhunderts, auf. Leider hat dies zu einer recht einseitigen Betrachtung des Lebens und des Werkes beider Personen geführt, doch ist vor allem das Werk des "göttlichen Marquis" später im philosophischen Diskurs und von Vertretern des Surrealismus aufgegriffen worden.



Das ist doch krank, oder?


Nein, zumindest ist es bei Klingonen, Haien und Katzen ganz normal.
Im Ernst: Das DSM IV führt uns nicht mehr als per se behandlungsbedürftig auf, sondern nur noch, falls sich aus unseren Vorlieben soziale und psychische Störungen ergeben. (Dieses Kriterium würde aber wohl für jede menschliche Beschäftigung gelten.) Auch bei den meisten Psychologen hat der neutralere Begriff "Paraphilie" die "Perversion" abgelöst. Daß es Menschen gibt, die anderer Meinung sind und unser Tun für krank oder moralisch verwerflichlich halten, ist eine andere Sache.
Im letzten Jahrzehnt haben die Medien SM als Thema entdeckt - nicht immer zu unserem Nutzen. Zwar werden "zärtliche Fesselspiele" u.ä. immer mehr als sexueller Kick empfohlen und ist Kleidung aus Lack und Leder en Vogue, aber der Unterschied zu "den Perversen" ist im Bewußtsein geblieben. Erstaunte Äußerungen wie "Die schlagen sich ja wirklich..." auf "Fetisch/SM"-Themenabenden normalen Diskotheken sind immer noch zu hören.
Last not least: Wohl jeder SMer stellt sich im Laufe seines Lebens die Frage "Warum ich?". Eine allgemeingültige Antwort ist darauf nicht gefunden worden. Weder sind wir alle so geboren, noch sind frühkindliche Prägungen oder andere Einflüsse des Umfeldes für jeden gegeben. Es gilt also weiterhin: Menschen sind eben verschieden.



... oder gewaltverherrlichend und faschistoid?


Leider hat unsere Gesellschaft ein Problem mit dem Wort "Gewalt". Zu oft wird es auf "körperliche, nicht einvernehmliche Gewalt" reduziert, und zu oft wird nicht zwischen realer Gewalt und deren spielerischer Darstellung unterschieden. Die Diskussion über die Ursachen dieser Sehschwäche, beispielsweise eine zunehmende Virtualisierung der Realität, würde an dieser Stelle zu weit führen, deshalb sei es nur angemerkt.
Üblicherweise gestalten SMer ihre Beziehungen und ihre Sessions nach denselben Grundsätzen wie auch andere Menschen, nämlich mit Achtung und Respekt vor dem Partner. Für die Praxis hat sich dabei die englische Abkürzung SSC (Safe/Sane/Consensual) bewährt - die Handlungen sollten mit dem Bewußtsein für Sicherheit. mit gesunden Verstand und einvernehmlich geschehen. Daß diese Einvernehmlichkeit von außen nicht immer schon auf den ersten Blick erkennbar ist, bedeutet nicht, daß sie nicht existiert.



Sind SMer klüger, schöner oder sonstwie besser?


Auch wenn potentielle Party-Besucher jetzt vielleicht enttäuscht sind: Dort sind nicht 20jährige Fetish-Models zu Gange, sondern ganz normale Leute. Sadomasochisten sind auch nicht intelligenter als die Durchschnittsbevölkerung. Sie haben lediglich den Vorteil, daß sie sich gezwungermaßen mit ihrer Sexualität auseinandersetzen mußten. Darüberhinaus ist/sind die "Szene(n)" ein Spiegelbild der Gesellschaft. Es gibt ausgeflippte und seriöse Leute, Christen, Atheisten, Heiden und anders religiös orientierte Menschen, Asketen und Genießer, eher links und mehr konservativ ausgerichtete Personen, Extrovertierte und Schweiger, ...
Und - nein, überdurchschnittlich tolerant sind wir leider auch nicht.



Muß ich jetzt immer schwarzen Lack anziehen?


In den letzten Jahren haben sich SM- und Gothic-Subkultur einander angenähert. Sicherlich sind beide für viele Menschen zusammengehörige Formen einer dunklen Romantik. Doch wie es viele Goths gibt, die nur aus ästhetischen oder gruppendynamischen Gründen Halsbänder und Ketten tragen, sind schwarze Kleidung und der Konsum von schlechtem deutschen Gothic-Rock für SMer kein "Muß". Ganz im Gegenteil - viele bedauern, daß die Einengung auf schwarze Kleidung aus "LLL" (Lack/Leder/Latex) auch zu Phantasielosigkeit führt. Nicht jeder SMer ist überhaupt "Fetischist" (was auch immer das im einzelnen Fall heißt), und unter denen, die es sind, gibt es genauso Leute, die auf Anoraks oder Wollsocken stehen.



Darüber möchte ich mehr wissen.


Dann können wir auf die einschlägigen Angebote im Netz verweisen, allen voran Datenschlag. Auch Communities wie zum Beispiel Lustschmerz sind sehr aktiv.
Nicht ganz so billig sind die weiteren Empfehlungen: Unter der deutschsprachigen Sachliteratur sind das "SM-Handbuch" und das "Bondage-Handbuch" von Matthias T.J. Grimme zu nennen. Das wohl beste Buch dieser Art ist "Screw the Roses, Send Me the Thorns" von Philip Miller und Molly Devon - allerdings bisher nur in englischer Sprache erschienen und in manchen Punkten auf amerikanische Verhältnisse zugeschnitten. Ein sehr informatives und dabei locker geschriebenes "Handbuch für Sadomasochisten und solche, die es werden wollen" ist "Die Wahl der Qual" von Kathrin Passig und Ira Strübel. Nicht nur für Fans wissenschaftlicher Studien lesenswert ist "Sadomasochismus. Szenen und Rituale" von Thomas A. Wetzstein (manchen auch als "die Trierer Studie" bekannt).
Quelle