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29. August 2002, 08:36   #12
tw_24
 
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Ach ja, mein Freund Wiglaf Droste hat sich das "Duell" wohl auch angesehen. Das meint er dazu:

Zitat:
Zitat von Wiglaf Droste
"Kleine Geister ganz groß"
von Wiglaf Droste
SAT 1 und RTL sind neben BILD die traditionell zuständigen deutschen Medien für die rückstandslose Vollbanalisierung aller Lebensbereiche. So war das boxchampionhaft reißerisch angekündigte TV-Duell Schröder gegen Stoiber auch entsprechend hoffnungslos unterfordernd für ein Publikum mit einem IQ-Durchschnitt von 100 aufwärts. Aber so ganz trauten sich die Fernsehboulevard-Fittis dann noch nicht über den eigenen Weg und simulierten eine Art journalistische Kammgarnseriosität. So wurde man um die einzige Freude gebracht, die das Ganze hätte haben können: einen leicht abgeschmackten Schadenfrohsinn.

Zu erleben war stattdessen eine lahmende, zähe Angelegenheit, die 75 Minuten zur Streckfolter dehnten. Nicht einmal der Tatort mit der zuverlässig grauenhaft herummenschelnden Ulrike Folkerts hätte einschläfernder sein können.

Edmund Stoiber möchte Kanzler werden an Stelle des Kanzlers. Das ist als solches nicht sehr interessant, und Stoiber versteht es nicht, die simple Tatsache zum Gegenstand des Interesses zu machen. Der bayrische Jurist wirkt pennälerhaft, penibel bebrillt, zwanghaft und wie seine eigene Briefmarke: zackig und flach. Sein angeknipstes Lächeln erscheint anorganisch, um Zuneigung bettelnd. Verkniff er sich diese Anstrengung, spürte man immerhin nicht den Schweiß, den sie ihn kostet.

Stoibers Versuche, mit seinem Lieblingswort Kompetenz zu glänzen - er sprach sogar schon von der Kompetenz-Kompetenz, also der Kompetenz zur Kompetenz -, sind bemüht. "Ich bemühe mich", sagt er, "und ich habe mich engagiert". Das sind die bösesten Vokabeln, die Arbeitgeber ihrem Angestellten in Zeugnissen hinterher werfen können: Er hat sich stets bemüht. Er war immer engagiert. Damit gibt man Verlierern einen Tritt. Auch so gesehen ist Stoibers Satz "Was ich für Bayern getan habe, möchte ich für ganz Deutschland tun" eine echte Drohung, aber eben doch keine wirklich bedrohliche, denn er möchte ja nur, der zart-schüchtern klemmige Edmund Stoiber.

Im Direktvergleich mit seinem Herausforderer wirkt Gerhard Schröder wie er, als singuläre Erscheinung betrachtet, nicht ist: souverän, relativ souverän. Gegen Stoibers Klassenstreberlächeln gewinnt Schröders breites "Macher"-Grienen leicht. Hier spricht in fettgedruckten Versalien, in Versace-Versalien quasi: DER KANZLER. Und da diese Wahl ganz auf das autoritäre Charakterpotential der Deutschen zugeschnitten ist, verliert der aktenmappige Stoiber hier erdrutschhaft an Boden.

Stoiber sieht aus wie einer, der Rapport erstattet, wie ein Duckmäuser, und wenn er spricht, denkt man: Na ja, sein Chef kommt wohl erst noch.

Unangenehm ähnlich sind sich beide im Loben des deutschen gemeinsinnigen Zusammenstehens in der - wie es geschichtslos unisono hieß - "größten Katastrophe seit dem Zweiten Weltkrieg." Wenn Deutsche zusammenhalten, fragen sich distanziertere Beobachter zuallererst: Gegen wen denn diesmal wieder?

Doch auch hier war Stoibers Ausflug in die Gefilde der Geistverlassenheit noch niederschmetternder. Stoiber wörtlich: "Deutschland ist ein großartiges Land, und die deutsche Bevölkerung ist eine großartige Bevölkerung". Wer das Licht in seinem Kopf noch nicht vollständig gelöscht hat, will sich diese Lektion der Anbiederei nicht gefallen lassen, von niemandem.

Um diesen Trost für einen verbrachten Abend rund zu machen, bedurfte es nur Sabine Christiansens, deren Anstrengungen, ihre deformation professionelle zu verbergen, immer verzweifelter werden. Die Kopf-Schiefhalterin lud sich die senilen Herren Brüderle, Barzel und Eppler ein, dazu ihren Friseur Udo Waltz, und zwei selbst ihr ungefährliche Frauen: Claudia Roth und Petra Pau von der PDS, die mit der Parole wirbt: Heute popp ich, morgen kiff ich, übermorgen wähl ich PDS. Womit man beim geistigen Zuschnitt des Mannes angelangt wäre, der sich in diesen Fernsehabend auch noch hineinklagen wollte, was ein freundlicher Gott oder wer immer allerdings verhinderte: Guido Westerwelle, womit wir dann wieder nahe am Wasser wären.

(Quelle: http://www.dradio.de/cgi-bin/es/neu-fazit/784.html)
MfG
tw_24