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30. August 2002, 07:29   #2
jupp11
 
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Leseprobe aus:
Joe R. Lansdale's
"Die Nacht, in der sie den Horrorfilm verpaßten"
Zitat:
... In diesem Augenblick wurde der Wagen in grelles Licht getaucht.
Mit noch erhobenen Bechern fuhren die drei Musketiere herum. Das Licht kam von einer offenen Lagerhalle. Mitten in seinem Schein stand breitbeinig ein ungeheuer fetter Mann. Hinter ihm in der Halle war eine aus einem weißen Laken improvisierte Leinwand zu sehen. Auf ihr spielte so etwas wie ein Film. Das Licht ließ zwar die Farben verblassen, doch ein bißchen von der Handlung konnte Leonard erkennen. Allem Anschein nach kniete ein Mädchen vor eben diesem Fettsack und lutschte seinen Schwanz. (Von dem Mann war nur die Hälfte unterhalb des Nabels zu sehen.) Und einen kurzläufigen schwarzen Revolver sah er. Den drückte der Typ dem Mädchen gegen die Schläfe. Für einen Moment riß sie sich von ihm los. Sofort drückte der Mann ab. Der Kopf des Mädchens sackte zur Seite, so daß Leonard nichts mehr sehen konnte. Das ganze Tuch schien auf einmal mit Blut getränkt. Dann versperrte ein zweiter Mann, der nun ebenfalls in das Tor trat und nicht minder fett war als der andere, Leonard die Sicht. Zwei Luftballons auf Schuhen, schoß es Leonard durch den Kopf. Noch mehr Männer ließen sich hinter ihnen blicken, doch der erste schickte sie mit einer Handbewegung zurück. Die zwei Dicken zogen das Tor zu, bis nur noch ein Schimmer durch den Schlitz fiel, und näherten sich dem Impala.
Der Fettsack Nummer eins riß Stinkys Tür auf und schrie: »Raus mit euch, oder ich mach euch Beine!«
Bislang hatten sie nur die Jungs vom White Tree-Club für gefährlich gehalten. Mit einem Schlag wurde ihnen
aber klar, daß die nur für Kinderspiele zuständig gewesen waren. Der hier war von einem ganz anderen Kaliber. Wo der hinschlug, wuchs garantiert kein Gras mehr.
Folgsam kletterten sie aus dem Wagen und stellten sich in einer Reihe vor dem Dicken auf. Die Becher hielten sie immer noch in der Hand. Der Mann musterte sie wie ein Wärter seine Sträflinge.
Fettsack Nummer zwei trat grinsend auf sie zu. Die beiden waren Zwillinge. An ihren aufgequollenen Gesichtern konnte man sie nicht auseinanderhalten, an der Kleidung fast auch nicht. Beide trugen helle Hawaiihemden, die sich nur im Farbmuster unterschieden, viel zu kurze schwarze Hosen, weiße Socken und italienische Lackschuhe, die an den Zehen extrem spitz zuliefen.
Der erste nahm Scott den Becher aus der Hand und schnüffelte daran. »Was?« rief er. »Ein Neger mit Fusel? Das is' ja wie 'ne Nutte mit Hirn. Da paßt was nich' zusammen! Ihr laßt euch wohl vollaufen, damit ihr irgendwann mal Schokolade aus dem Nigger rauskriegt. Oder willst du etwa Vanille ausschwitzen, du schwarzes Aas?«
»Ich will heim und sonst nichts«, murmelte Scott.
Der zweite Fettsack wandte sich seinem Bruder zu. »Damit er seine Mutter ****** kann.«
Sofort fixierten beide wieder Scott, um zu hören, was der sagen würde, doch er sagte gar nichts. So wie die aussahen, würde er es vor ihnen sogar mit einem Hund treiben, Hauptsache, sie ließen ihn danach la%fen.
»Mir kommt das Kotzen, wenn ich euch mit so 'nem Dschungelaffen rumlaufen seh'«, fuhr Fettsack Nummer eins die zwei Weißen an.
»Er ist ja nur ein Nigger aus der Schule«, sagte Stinky. »Wir mögen ihn doch auch nicht. Wir haben ihn bloß mitgenommen, weil die vom White Tree-Club ihn sonst totgeschlagen hätten. Und das können wir nicht zulassen, weil er unser Quarterback ist und weil wir ohne ihn aufgeschmissen wären.«

»Ah, ich verstehe!« dröhnte der Fette. »Nur haben Vin-nie und ich nun mal was gegen Nigger, die Sport treiben. Am Anfang duschen sie mit den weißen Jungs zusammen, und zum Schluß hüpfen sie mit weißen Mädchen ins Bett. Da führt eins zum anderen.«
»Was können wir denn dafür?« maulte Leonard. »Wir haben die Schulen ja nicht für die Nigger aufgemacht.«
»Da hast du recht!« rief der Fette. »Das hat uns dieser ******** von Johnson eingebrockt. Aber ihr treibt euch mit dem da rum und trinkt sogar Fusel mit ihm.«
»Aber wir haben doch in seinen Becher gepinkelt!« verteidigte sich Stinky. »Das war so eine Art Witz. Ich schwöre Ihnen, daß er kein Freund von uns ist. Er ist bloß ein Nigger, mit dem wir Football spielen müssen.«
»Ihr habt ihm in den Becher gepinkelt?« rief Vinnie. »Das gefällt mir. Was sagst du dazu, Pork?«
Pork warf den Becher zu Boden und winkte Scott grinsend zu sich herüber. »Komm her, Nigger. Ich muß dir was sagen.«
Scott sah verzweifelt von Stinky zu Leonard, doch von ihnen war keine Hilfe zu erwarten. Beide schienen sich plötzlich brennend für ihre Fußspitzen zu interessieren. So blieb ihm nichts anderes übrig, als auf Pork zuzutrot-ten. Der legte einen Arm um seine Schultern und führte ihn ein Stück mit sich fort.
»Was haben Sie vor?« fragte Scott.
Pork drehte Scott wieder herum, damit er die anderen sehen konnte. Leonard und Stinky hielten immer noch ihre Becher in der Hand und stierten weiter auf den Boden. »Ich wollte den neuen Kiesweg nich' beschmutzen«, erklärte Pork. Dann packte er Scott an den Haaren, zog ihn nach zu sich heran, holte mit der freien Hand einen kurzläufigen schwarzen Revolver unter dem Hawaiihemd hervor, hielt ihn Scott an die Schläfe und drückte ab. Es war, als risse der trockene Knall Scotts Füße hoch. Als nächstes spritzte eine dunkle Flüssigkeit aus seinem Kopf.

»Na, is' das nichts?« rief Pork, während der an seiner Hand baumelnde Scott noch am ganzen Leib zuckte. »Dieser Rhythmus da, der kommt immer am Schluß!«
Leonards Kehle war wie zugeschnürt. Warum konnte er sich nicht einfach auflösen und unter dem Wagen zer-laufen? Scott war nicht mehr zu helfen, aber wer half jetzt der Mannschaft? Ohne ihren Kopf waren sie doch einen Dreck wert!
»Oh, du liebe Scheiße!« stöhnte Stinky.
Pork ließ den Toten los. Sofort sackte er in sich zusammen. Das Gesicht kam zwischen den Knien auf den Zementboden zu liegen, wo sich rasch eine dunkle Pfütze bildete.
»Der hat's jetzt viel besser, Jungs«, sagte Vinnie. »Die Nigger stammen von Kain ab, wißt ihr. Sie sind keine Affen mehr, aber auch keine richtigen Menschen. So was hat auf der Welt einfach keinen Platz und ist allen nur eine Last. Wenn man sie dressiert, können sie zwar Football spielen und Auto fahren, aber es bleibt eine einzige Quälerei- für sie und für die Weißen. Hat dein Hemd war abgekriegt, Pork?«
»Nicht einen Tropfen.«
Vinnie verschwand kurz in der Halle und rief den anderen etwas zu, was, das konnte man draußen nicht verstehen. Mit einem Packen zerknüllter Zeitungen trat er dann wieder ins Freie. Darin wickelte er Scotts blutüberströmten Kopf ein und ließ ihn so auf den Zementboden zurückfallen. »Warten wir mit dem Wegspritzen lieber nich', bis das Zeug trocken is', Pork«, kommentierte er und wandte sich an Stinky. »He du, mach die Tür hinten auf, aber dalli.«...