Essen beim Italiener...
Grüezi,
Spaghetti? Löffel weg!
Cappuchino nach der Pasta? Campari mit O-Saft? Typisch italienisch, glauben viele Leute. Ein großer Irrtum...
Was ein guter deutscher Tourist ist, der gibt sich zu erkennen. In Italien ist das ganz einfach: Er muss nur "Spaghetti Bolongnese" bestellen. "Die Deutschen denken, italienischer geht es nicht - dabei gibt es dieses Gericht bei uns gar nicht", sagt Pasquale Falange, Küchenchef des traditionsbewußten "I carraci" im Hotel Baglioni in Bologna. "Es wurde für Ausländer erfunden. „Tomatensaucen mit Hackfleisch heißen auf italienisch ‚ragu’ und werden je nach Region ganz unterschiedlich zubereitet. Das typische Ragu aus Bologna besteht aus Zwiebeln, Karotten, Sellerie, wenig Bauchspeck, reinem Rinderhack und Tomaten – und hat nichts mit dem zu tun, was in Deutschland unter der Bezeichnung „Bolognese“ läuft. „Vor allem aber“, fügt Falagne hinzu, „essen wir Bologneser unser Ragu nie mit dünnen Spaghetti, sondern mit Tagliatelle, mit Eierbandnudeln.“
Und mit Löffel und Gabel werden in Italien Nudeln schon gar nicht gegessen. „Das ist ungefähr so unschicklich, wie bei Tisch zu rülpsen.“ stellt Sibilla della Gheradesca klar, die Autorin des Handbuchs für gute Manieren. Warum legen dann fast alle italienischen Gastwirte in Deutschland den zusätzlichen Löffel auf den Tisch? „Nur deshalb, weil unsere deutschen Kunden das so von uns erwarten.“, klagt Paolo Stasolla aus Apulien, der seit 17 Jahren das Restaurant „Paolo“ in der Timmendorfer Straße betreibt.
Die kulinarischen Missverständnisse zwischen Deutschen und Italienern treiben so manchen Gastgeber zur Verzweiflung. Der beliebte, vermeintlich typisch Italienische Longdring „Campari-Orange“ – in Italien ist er unbekannt. Campari mit Soda? Gern. Aber mit Orangensaft? Nur ganz hartgesottene Kellner in den Urlaubshochburgen am Gardasee und der Adria ziehen bei dieser Bestellung nicht die Augenbrauen hoch. Oder der von den Deutschen so gern genommene Cappuccino nach dem Essen: Für einen Italiener wäre das undenkbar. Heiße, aufgeschäumte Milch am Abend, so denken sie, ist nur schlecht für die Verdauung. Sie bestellen einen Espresso um das Essen abzuschließen, allenfalls einen koffeinfreien Malzkaffee. Da deutet sich fundamentale Unkenntnis der italienischen Lebensart an...
Doch die Deutschen lieben Italien nun mal – und wollen sich deshalb auch möglichst italienisch verhalten. „Wenn ich sehe, dass Deutsche auf Spaghetti mit Fischsauce Parmesan streuen, oder Pizza mit Ananas belegen“, schimpft der Gastronomie-Kritiker Bruno Bartoloni, „dann muss ich mich zusammenreissen, um mich nicht zu übergeben.“
Und die Sache mit dem Grappa ist regelrecht peinlich: Ein gastfreundlicher Wirt in Italien gibt gerne einen aus. Die Flasche mit dem guten Tropfen stellt er seinen Gästen auf den Tisch, damit sie am Etikett sehen können, wie viel sie ihrem Wirt wert sind. Italiener schenken sich ein halbes Gläschen ein, bezahlen und gehen. Was aber ein standfester Deutscher ist. der verlässt das Lokal erst, wenn die Flasche leer getrunken ist.
KERSTIN BECKER – QUELLE: HÖRZU
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In diesem sinne...
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