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17. October 2002, 19:14   #2
Black Panter
 
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Teil 2 des Interviews

Sport1: Als erstes werden diese Vorschläge am 28. Oktober von der Formel-1-Kommission behandelt. Können Sie uns sagen, wer dieser Kommission angehört?

Hermann Tomczyk: In der Formel-1-Kommission sind alle Teams mit ihren Teamchefs vertreten, außerdem FIA und FOA durch ihre Präsidenten Max Mosley und Bernie Ecclestone. Dazu kommen noch weitere Vertreter, von Reifenherstellern, Sponsoren bis hin zu den Veranstaltern aus Europa und Übersee.

Sport1: Welche Mehrheitsverhältnisse werden für Regeländerungen in dieser Formel-1-Kommission benötigt?

Tomczyk: Da gibt es genau festgelegte Modalitäten, technische Änderungen beispielsweise müssen einstimmig verabschiedet werden, bei sportlichen Änderungen reichen Mehrheiten aus.

Sport1: Welche Vorschläge gehören zum Punkt Technik, welche zum Punkt Sport?

Tomczyk: Bei der Technik sind sicher die Motoren ein Thema, um die Kosten zu reduzieren. Auch Themen wie Traktionskontrolle, oder Aerodynamik fallen in diesen Bereich. Zum sportlichen Bereich gehört der Rest, wie zum Beispiel Fahrertausch oder Beschränkungen für Testfahrten, die ich auch für vernünftig halte. Was beschlossen wird, kann man am 28. Oktober sehen.

Sport1: Wenn technischen Änderungen einstimmig gefasst werden müssen, ist dann nicht damit zu rechnen, dass die Teams bei gravierenden Einschnitten ihr Veto einlegen?

Tomczyk: Ich weiß nicht was passieren wird, vielleicht ringt man sich ja zu größeren Änderungen durch, das muss man einfach abwarten, auf jeden Fall ist das immer ein sehr interessantes Diskussionsforum.

Sport1: Die von der Formel-1-Kommission beschlossenen Vorschläge werden dann dem World Council, dem auch Sie angehören, vorgelegt. Dieser tagt im Dezember.

Tomczyk: So ist es, diesem Gremium gehören Ecclestone, Mosley und 40 Vertreter nationaler Automobilclubs an.

Sport1: Können diese Vertreter die Vorschläge noch abändern oder werden die Entwürfe nur abgenickt?

Tomczyk: Im Prinzip bringen alle Kommissionen, ob für Rallye, Tourenwagen oder Formel 1 zuständig, ihre Vorschläge ein. Dann wird im World Council darüber diskutiert und abgestimmt. Wenn jemand Fragen hat oder Fehler entdeckt werden, wird das noch einmal ausführlich diskutiert. Wir sagen definitiv nicht zu allem Ja und Amen.

Sport1: Ein konkretes Beispiel: Angenommen die Formel-1-Kommission ringt sich zum Fahrertausch durch. Würden Sie diesem Vorschlag zustimmen, der bedeuten könnte, dass Michael Schumacher 2003 auch mal im Minardi fahren müsste oder Ihr Veto dagegen einlegen?

Tomczyk: Dieser Vorschlag ist für mich bar jeglicher Realität, ich kann mir nicht vorstellen, dass dies ernsthaft diskutiert wird. Jedes Formel 1-Auto ist was Sitzposition, Monocoque oder Gewichtsverteilung angeht praktisch auf den Fahrer zugeschnitten, so etwas kann man nicht ständig ändern. Ich gebe aber zu, viele Fans würden dies sicherlich interessant finden.

Sport1: Ist im World Council auch Einstimmigkeit von Nöten?

Tomczyk: Nein, einfache Mehrheit reicht aus. Der Vorschlag der Formel-1-Kommssion steht auf der Tagesordnung, liegt beschlussfähig in den Unterlagen und wenn er ohne Diskussion akzeptiert wird, wird entschieden. Wenn es Fragen oder zu einzelnen Punkten Debatten gibt, dann kann man den Vorschlag entweder an die Kommission zur Überarbeitung zurückgeben, oder es wird dem einen oder anderen Punkt nicht zugestimmt.

Sport1: Ecclestone und Mosley sind sehr für Reformen. Kann es vorkommen, dass die beiden schon im Vorfeld für Mehrheiten im World Council sorgen?

Tomczyk: Das habe ich noch nicht erlebt.

Sport1: Im World Council sitzen nicht nur Vertreter aus großen Motorsportnationen wie Deutschland, sondern auch aus eher exotischen Ländern...

Tomczyk: ...die enthalten sich eben der Stimme. Wenn es zum Beispiel um asiatische Serien oder das Reglement in Nordamerika geht, muss ich nicht unbedingt abstimmen, wenn ich mich in dieser Thematik nicht auskenne. Umgekehrt machen das manche Kollegen auch, wenn es um europäische Themen geht. Wenn jemand nur Rallye-Spezialist ist, muss er bei Formel-1-Fragen ja nicht unbedingt mitstimmen.

Sport1: Aber wenn Ecclestone und Mosley unbedingt wollen, dass ein Vorschlag durchgeht: Sorgen die beiden dann dafür, dass jeder abstimmt?

Tomczyk: Ich habe den World Council immer als sehr demokratisches Gremium kennen gelernt. Aber klar, die Formel 1 ist ein sehr spezielles Thema und hier müssen Vorschläge schon gut durchdacht sein.