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31. December 2002, 03:45   #2
Akareyon
 
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"Affekthandlung" ist ein juristischer Begriff, der vielleicht dieses Dilemma zu erklären versucht - jemand hält (im Zornrausch, d.h. extremer nervlicher Belastung) eine Pistole in der Hand, und bevor er bewußt überlegen kann, Für und Wider abwägen kann, hat er den Abzug schon gedrückt und jemandem in den Fuß geschossen. Moralisch verwerflich, neurologisch erklärbar oder philosophische Aushebelung des Theorems des "Freien Willens"?

Denn das darauffolgende "das wollte ich gar nicht!" (sobald der Zeh ab ist!) ist m.E. glaubhaft, und nicht zu erklären mit "hinterher ist man immer schlauer". Ein Egoist, der überlegt seine eigene Wohlfahrtsmaximierung anstrebt, wird (der Spieltheorie zufolge) sich der sanktionstechnischen Konsequenzen bewußt sein, die es hat, eine P99 abzufeuern. Ein Altruist, der (vordergründig) die Wohlfahrtsmaximierung seines Gegenübers anstrebt, wird ebenfalls nicht schießen, denn das tut doch weh.

Und dann hat es nichts mehr mit "Freiem Willen" zu tun - geschossen ist geschossen, vollkommen unüberlegt, im Affekt. Ohne es wirklich zu wollen.

So verstehe ich das.

Das ist natürlich ein Extrembeispiel.

Das hat jedoch nichts mit vorprogrammierter Steuerung im Normalfall zu tun. Ich habe die freie Wahl, dieses Posting zu tippen oder logischerweise ins Bett zu gehen, um mich morgen ausgeschlafen ins Silvester-Besäufnis stürzen zu können. Wie meine Wahl ausgefallen ist, kann man gerade lesen. Die Entscheidung habe ich bewußt getroffen, da hat mein Unterbewußtsein wenig mit am Hut.