Der Irak-Krieg ist im Gange, der weitere Verlauf noch von zahlreichen Unsicherheitsfaktoren abhängig. Unklar scheint vor allem auch, welche Strategie die USA nach Erreichen ihres militärischen Ziels im Irak und in der gesamten Region verfolgen werden.
Die entsprechenden Überlegungen der republikanischen Geostrategen - die Konstruktion einer neuen Weltordnung, eines "New Middle East" (NME) nach einem umfassenden "Feldzug gegen den Terror" - sind zwar bekannt, deren Umsetzung aber in weiter Ferne.
Bush: "Leuchtendes Beispiel"
Der gewünschte Regimewechsel im Irak soll nach dem Willen der US-Regierung der Beginn für eine Demokratisierung der ganzen Nahost-Region werden.
US-Präsident George W. Bush versprach Ende Februar ein "leuchtendes" Demokratiebeispiel für den ganzen Nahen Osten. Vorbild für den US-Einsatz sei der Wiederaufbau Deutschlands und Japans nach dem Zweiten Weltkrieg. Vor allem die Palästinenser würden davon profitieren, versprach Bush.
Franks als Gouverneur?
Ein US-General soll im Falle des Sturzes von Staatschef Saddam Hussein vorübergehend die Geschicke des Landes lenken, teilte US-Außenminister Colin Powell Mitte Februar in einer Kongressanhörung in Washington mit.
Als künftiger Militärgouverneur in Bagdad wurde der Oberkommandierende des Irak-Krieges, der texanische Viersternegeneral Tommy Franks, gehandelt.
Wie weiter?
Der General solle für mindestens zwei Jahre an der Spitze des Landes stehen. Den US-Plänen zufolge würde ein "Rat" unter Einschluss erfahrener irakischer Politiker dem General zur Seite stehen und beim Übergang zu einer repräsentativen Form von Regierung helfen.
Zivile Verwaltung in Vorbereitung?
Man werde den Wiederaufbau und die Demokratisierung des Irak im Einklang mit den Vereinten Nationen (UNO) betreiben, so die Verbündeten, der britische Premier Tony Blair und Bush, am Donnerstag. Dennoch ist die Rolle UNO strittig und weitgehend ungeklärt.
Die "New York Times" ("NYT") berichtete zu Wochenbeginn in ihrer Online-Ausgabe, dass eine sofortige zivile Verwaltung unter dem direkten Kommando einer militärischen eingesetzt würde - großteils pensionierte Diplomaten, die bereits jetzt zu Teams formiert würden.
Der pensionierte General Jay Garner soll die Zivilverwaltung übernehmen. Auf den Beistand der UNO setze man dabei zunächst einmal nicht - mehr dazu in "U.S. Plans to Run Iraq Itself" (NYT).
Rolle der Nachbarn
Wie der Übergang zur Demokratie aber genau aussehen soll, ist so offen wie der Ablauf des Krieges und das Schicksal des Landes selbst.
Die USA haben Schwierigkeiten, im Nahen Osten Verbündete für ihre Pläne zu gewinnen. Die künftige Rolle von Nachbarstaaten, vor allem der Türkei und des Iran, die beide ihre Interessen im Irak verfolgen, bleibt weitgehend im Dunkeln. Auch hier sind also zahlreiche Konflikte möglich.
So sorgt die Angst der Türkei vor einem kurdischen Staat bereits jetzt dafür, dass die USA gravierende Probleme mit ihrer Nordfront haben. Hier hätten die Kurden eine Rolle spielen können.
Isolierter Iran
Der islamisch-konservative Iran dürfte die Schiiten im Nachbarland respektive die größte irakische Exil-Oppositionsgruppe SCIRI (Oberster schiitischer Rat im Irak) unterstützen. Man sei bereit, in die Kämpfe gegen das Regime von Saddam Hussein einzugreifen, teilte ein SCIRI-Mitglied am Freitag in Teheran mit.
Zugleich muss der Iran - als ein von Bush genannter "Schurkenstaat" - die vollständige Isolierung fürchten und wird womöglich selbst ein Angriffsziel im jahrelangen "Krieg gegen den Terror" abgeben.
"Shock and awe" der Anti-Hussein-Koalition
"Shock and awe" (Schock und Einschüchterung) könnte schon bald die Situation der Anti-Hussein-Koalition selbst zum Ausdruck bringen, ist der Politikwissenschaftler Ferhad Ibrahim in seinem Kommentar in der "Süddeutschen Zeitung" (Montag-Ausgabe) überzeugt.
Denn die USA konnten bisher kaum Verbündete gewinnen, die irakische Opposition ist zerstritten, und die Zusammenarbeit der inneramerikanischen Institutionen bezeichnet Ibrahim als schlichtweg "dilettantisch".
"Unüberwindbare Differenzen"
Bis zuletzt hätten sich "unüberwindbare Differenzen" zwischen dem State Department und der CIA einerseits und dem Pentagon und dem Kongress andererseits gezeigt.
Während die zuletzt genannten Institutionen eine engere Zusammenarbeit mit der irakischen Opposition favorisierten, ignorierte das Außenministerium die Opposition fast völlig, konstatiert der Politikwissenschaftler: "Anscheinend lebt Colin Powell immer noch in der Hoffnung, dass man die irakischen Militärs für eine Palastrevolte gewinnen könne."
Machtkampf mit irakischer Opposition
Die USA haben längst auch die wirkliche irakische Opposition zu ihrem Gegner erklärt, so der irakischen Exilpolitiker Abdul al-Rekabi, in der Online-"taz" zu Wochenbeginn.
"Ein Teil dieser Opposition wird gegen die Amerikaner antreten, die werden sich gegen die US-Besatzung formieren. Die werden eine Art nationalen Widerstand gegen die Amerikaner etablieren - das kann ich Ihnen versichern. Und Sie müssen wissen, die irakische Gesellschaft ist eine absolut hochgerüstete Gesellschaft. Hier sind privat mehr Waffen im Umlauf, als Leute in diesem Land leben."
Quelle:
ORF
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Wenigstens wird diesmal (wie beim "Afghanistankrieg") nicht darüber überlegt, ob man das angegriffene Land nicht zu einem weiteren US - Bundesstaat machen sollte...