G erhard Schröder hat im Bundestag seine Vorstellungen von Irak nach dem Sturz des Regimes dargelegt, CDU-Chefin Merkel bekräftigte ihre positive Haltung zum Krieg.
Iraks territoriale Integrität, seine Unabhängigkeit und Souveränität müssten vollständig erhalten bleiben, sagte der Bundeskanzler am Donnerstag. Zweitens müsse das irakische Volk über seine politische Zukunft selbst bestimmen, die Rechte der dort lebenden Minderheiten müssten gewahrt werden. Die Ölvorkommen und andere Ressourcen des Landes müssten im Besitz und unter der Kontrolle des irakischen Volkes bleiben, erklärte der SPD-Chef weiter. Zudem müsse im Nahen und Mittleren Osten ein politischer Stabilisierungsprozess in Gang kommen. Bei der humanitären Hilfe und der Neuordnung des Landes nach Ende des Krieges sollten laut Schröder im übrigen die UN die zentrale Rolle spielen.
Schröder forderte als Konsequenz aus der Irak-Krise den Ausbau der EU zu einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion. Trotz der Meinungsunterschiede in der Europäischen Union zum Golfkrieg gebe es zur Stärkung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik „keine vernünftige Alternative“. „Denkbar ist, als einer der ersten Schritte, dass sich in Zukunft europäische statt nationale Truppen an Blauhelm-Einsätzen der Vereinten Nationen beteiligen“, sagte er.
Merkel findet Krieg eindeutig richtig
Oppositionsführerin Angela Merkel sagte in ihrer Erwiderung auf den Kanzler, in der Auseinandersetzung mit dem Diktator Saddam Hussein könne man nicht neutral bleiben. „Wir alle stehen an der Seite derer, die für die Demokratie kämpfen“ so die CDU-Chefin. Der Krieg sei durch die UN-Resolution 1441 rechtlich gedeckt. Die im November vergangenen Jahres verabschiedete Resolution des UN-Sicherheitsrates habe bereits „eine Art Doppelbeschluss“ enthalten.
Merkel warf Schröder erneut vor, den Golfkrieg mit seiner Haltung wahrscheinlicher gemacht zu haben. Die einzige Chance auf eine friedliche Entwaffnung hätte darin bestanden, gemeinsamen Druck der Staatengemeinschaft aufzubauen und dabei auch militärisches Vorgehen nicht kategorisch auszuschließen.
Die Unionschefin sprach von einer „gravierenden Spaltung“ der Europäischen Union und der Nato und forderte die Bundesregierung zu einer „Politik des Ausgleichs“ in der EU auf. Deutschland müsse wieder „die integrative Kraft“ in Europa werden. Schröders Regierung laufe Gefahr, dass ihr von kleineren Ländern in Europa „Großmannssucht“ vorgeworfen werde.
Kohl spricht von Anti-Amerikanismus
Der Alt-Kanzler attackierte in einem Zeitungsinterview die Politik von Rot-Grün in der Irak-Krise heftig und schloss den Bundespräsidenten ausdrücklich in die Kritik ein. Die Debatte um den Irak-Kurs der USA in Deutschland sei „durch einen unsäglichen Anti-Amerikanismus der politischen Linken“ aufgeheizt worden, sagte Helmut Kohl (CDU) der „Welt“ vom Donnerstag. Die prominentesten Vertreter dieses Anti-Amerikanismus seien Schröder, Johannes Rau und Außenminister Joschka Fischer (Grüne).
Seinem Nachfolger Schröder warf Kohl vor, die Kriegsangst der Deutschen bedenkenlos im Wahlkampf mobilisiert zu haben. Der SPD-Chef habe seine ganze Abneigung für die USA bei jeder Gelegenheit bezeugt. Schröder und seine Regierung würden deshalb nie mehr wirklich persönlichen Zugang in Washington finden. Die deutsch-amerikanische Freundschaft werde gleichwohl nicht zerstört werden können, weil die Fundamente tief verankert seien.
|