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12. May 2005, 15:13   #8
Ben-99
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Zitat:
Ganz war für mich noch der übezeugenste Schauspieler der jemals versucht hat, Hitler rüberzubringen.
... auch ein so hervorragender Schauspieler wie der von Dir genannte Anthony Hopkins muß den Menschen, den er spielt, immer so darstellen, wie es der Regisseur von ihm verlangt. Wobei es auf die rein äußerliche Ähnlichkeit noch am wenigsten ankommt.

Bruno Ganz ist Hitler zwar äußerlich ähnlicher, aber aus irgendeinem Grund wollte der Produzent und der Regisseur, daß er ihn wie ein Fratze darstellt, weil ja Hitler angeblich "kein Mensch" gewesen sei. Was natürlich Schwachsinn ist. Herausgekommen ist dann auch ein keifernder, stets an der Schwelle zum Wahnsinn stehender Hitler, eben genau so wie sich Klein Fritzchen schon immer das "Monstrum" vorgestellt hat, das die armen braven Deutschen, die ihn 1933 gewählt haben, auf so gemeine Art ins Unglück stürzte. Denn selbstverständlich waren ja in erster Linie die Deutschen "Opfer".

Da gefällt mir der Hitler, so wie er von Tobias Moretti dargestellt wird, sehr viel besser. Da bleibt viel mehr Raum für Nuancen. Oft reicht eine winzige Geste, ein einziger Blick aus, um das rüberzubringen, wofür sich Bruno Ganz die Lungen aus dem Hals schreien muß, wobei er oft wie eine Knallcharge an einem Provinztheater grimassiert.

So etwas haben Moretti und der auch diesmal wieder hervorragende Sebastian Koch nicht nötig. Vor allem will es auch der Regisseur nicht, der sich ohnehin an eine andere Zielgruppe wendet, denen man nicht erst erklären muß, daß natürlich Hitler auch "ein Mensch" war. Sonst hätte man ja auch gleich Götz George für die Rolle nehmen können, der es auch nie gelernt hat, mal ohne Übertreibung zu spielen.

Sicherlich ist es die bisher "menschlichste" Darstellung des Adolf Hitler. Aber das kann man sich ja wohl nach 60 Jahren erlauben, damit endlich mal Schluß ist mit dieser Dämonisierungskacke, bei der immer so getan wird, als wären Millionen Deutsche einem einzigen "unmenschlichen" Wesen "zum Opfer" gefallen. In Wirklichkeit fanden ihn die meisten Deutschen 12 Jahre lang prima. Und manche hatten nicht mal danach kapiert, wie sehr sie ihm bei seinen Verbrechen geholfen haben.

Bewundernswert auch, wie es Heinrich Breloer geschafft hat, die drei Speer-Kinder, die jahrzehntelang ihre Abstammung mehr oder weniger verdrängt hatten, nach so einer langen Zeit endlich mal mit der Aufarbeitung zu beginnen. Und natürlich muß sich niemand schämen, wenn er als Kind auf dem Schoß von "Onkel Adolf" saß. Aber die Speer-Kinder wissen jetzt auch, daß ihr Vater nicht nur einer der schlimmsten Nazi-Verbrecher war, sondern auch ein eiskalter Lügner, der seinen Kopf durch Märchen aus der Schlinge ziehen konnte, weil die Nürnberger Ankläger auf seine Tricks hereinfielen.

Anschließend wurde der Massenmörder dann auch noch ein Bestseller-Schriftsteller. Und die Deutschen glaubten nur zu gern an seine Lügen, weil er damit zugleich auch sie von aller Schuld freisprach. Denn nun konnte jeder behaupten: Wenn sogar Speer als Rüstungsminister und engster Vertrauter des Führers vom Holocaust nichts gewußt hat, dann wir doch als kleine Leute erst recht nicht.

So ging das millionenfache Lügen also auch noch nach dem Krieg weiter. Kein Wunder, daß das Thema bis in die 70er Jahre hinein tabu war. Und genau das ist die eigentliche Schande: daß wir Deutschen 6 Jahrzehnte brauchten, um endlich reif zu sein für solche Dokumentationen.

Vielleicht hatte man aber auch bewußt abgewartet bis die meisten der damaligen Nazi-Verbrecher eines natürlichen Todes gestorben sind. Wobei viele von ihnen bekanntlich vorher noch mit Orden für ihre "besonderen Leistungen" geehrt wurden, die sie als honorige Vertreter aus Wirtschaft und Politik vollbracht haben. Für die wenigen überlebenden Opfer muß das besonders beschämend gewesen sein.

Gruß Ben