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6. September 2005, 20:25   #16
Ben-99
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... tut mir leid, Sacki, aber als ehrbarer deutscher Beamter hast Du die Paragraphen bestimmt ordentlich auswendig gelernt, neigst aber dazu, sie durcheinander zu würfeln und vergißt dabei, daß es auch eine Ermessenfrage ist, wann die Staatsanwaltschaft meint, daß ein "hinreichender Tatverdacht" vorliegt. Denn nur dann darf überhaupt Anklage erhoben werden.

Im vorliegenden Fall ist genau das strittig und eben nicht so simpel zu beantworten, wie Du es in Deinem vorletzten Beitrag geschildert hast. Also, lassen wir jetzt lieber mal Leute zu Wort kommen, die etwas mehr von juristischen Angelegenheiten als Du und ich verstehen ;-)

So äußern sich die Anwälte von Türck wie folgt:

Zitat:
"Es gab tausend Gründe, warum diese Anklage nie hätte erhoben werden dürfen", erklärte seine Anwältin Susanne Wagner. "Die Staatsanwaltschaft hat offensichtlich auf Teufel komm raus Anklage erheben wollen, um einen Promi zur Strecke zu bringen", sagte die Verteidigerin. Ihr Kollege Rüdiger Weidhaas bemängelte unter anderem, dass schon ein erstes Gutachten vor dem Prozess zu dem Ergebnis gekommen sei, dass viel für eine unbewusste Falschaussage des angeblichen Opfers spreche. Türcks zweiter Verteidiger, Rüdiger Waithaas, fügte hinzu: "Seine Prominenz hat Herrn Türck die Anklage eingebrockt, er verdankt ihr aber auch seinen Freispruch." Bei einem Nichtprominenten hätten sich weder so viele Entlastungszeugen gemeldet, noch wäre der zweite Gutachter, eben jener renommierte Professor Steller, hinzugezogen worden, sagte Weidhaas.

http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,373433,00.html
Du merkst also hoffentlich, daß das Ganze juristisch ein bissi kompliziert ist als Du es vorhin als "braver Beamter" darstellen wolltest *g*. Und natürlich verteidigt sich auch die Staatsanwaltschaft mit dem Hinweis auf "Verfolgungszwang" und behauptet, daß hinreichender Tatverdacht bestanden hätte und angeblich auch "sehr viel für eine Verurteilung des Angeklagten gesprochen" habe, wie im Artikel zitiert wird.

Tja, und dann mußten sie halt gestern doch eingestehen, daß man Türck freisprechen muß. So etwas kommt dabei heraus, wenn bei den Ermittlungen, die zur Anklage führen, erheblich geschlampt worden ist. Aber plötzlich wird auch dem Staatsanwalt klar, daß die zur Klage mehr oder weniger Gezwungene "dringend ärztlicher Hilfe bedarf" und das als Märchenerzählerin überführte angebliche "Opfer" eine, so wörtlich, "zu bemitleidende Persönlichkeit" sei.

"Bemitleidenswert" sind vor allem diese "ordentlichen" Beamten, die mit typisch "deutscher Gründlichkeit" dafür gesorgt haben, daß zwei unbescholtene Bürger vor Gericht gezerrt wurden und wegen einer Lappalie monatelang von Medien, die ihren lüsternen sensationsgeilen Lesern ständig Frischfleisch bieten müssen, öffentlich in einer brutalen Art vergewaltigt worden sind, daß der harmlose 2-Minuten-Blowjob auf der Frankfurter Brücke dagegen im nachhinein wie Kuschel-Sex zwischen Bambi und Gustav Gans wirkt.

Gruß Ben