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11. November 2005, 22:56   #1
Ben-99
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Augstein-Tochter rechnet mit SPIEGEL-Chef Aust ab.

... daß die Tochter des Mannes, der seinerzeit den SPIEGEL – zeitweise noch vor "Time" und "Newsweek" - zum besten Nachrichtenmagazin der Welt gemacht hat, nicht tatenlos dabei zusieht, wie Stefan Aust den SPIEGEL immer tiefer in seichte Gewässer steuert, ständig läppische Promi-Themen von BILD übernimmt, Wahlkampf für Angela Merkel macht und politisch links denkende Menschen wie ihren Vater verhöhnt, war abzusehen, und ich hatte auch darauf gehofft, daß irgendwann jemand zumindest versucht, dem Spuk ein Ende zu machen:

Zitat:
Franziska Augstein rechnet mit "Spiegel"-Chef Aust ab

Franziska Augstein, "Spiegel"-Erbin und Redakteurin der "Süddeutschen Zeitung", hat gestern in einem Vortrag in Berlin mit dem derzeitigen Chefredakteur des Nachrichtenmagazins, Stefan Aust, abgerechnet. Unter seinem Einfluß habe der "Spiegel" seine Stellung als Leitmedium des deutschen Journalismus' verloren, sagte sie. Das Magazin habe wichtige journalistische Standards aufgegeben, verlagere sich auf weiche Themen, sei "ein geschwätziges Blatt unter vielen".

Die Konkurrenz, so die Tochter des "Spiegel"-Gründers Rudolf Augstein, würde darüber frohlocken, weil ihr damit der Anreiz genommen sei, den einstigen "Spiegel"-Maßstäben nachzueifern. Die Berufskennzeichnung eines Chefredakteurs, so Franziska Augstein weiter, decke sich nicht mit der eines Heiligen. Scharf kritisierte sie ein Aust-Porträt aus der Feder seines Freundes Michael Jürgs im neuen Magazin "Park Avenue". Diese "Suada" zeige, daß es auch bei Gruner + Jahr mit journalistischen Standards nicht zum besten stehe.

Gruner + Jahr ist mit 25,5 Prozent am "Spiegel" beteiligt, den Augstein-Kindern gehören 24 Prozent, 50,5 Prozent hält eine KG der Mitarbeiter. Seit Wochen tobt im "Spiegel" eine Auseinandersetzung um Richtung und Inhalt des Magazins. Am kommenden Mittwoch soll das Thema auf Wunsch von Erben und Mitarbeiter KG auf einer Gesellschafterversammlung erörtert werden. Aust hält dies für einen Verstoß der Gesellschafter gegen die in der Satzung festgeschriebene redaktionelle Unabhängigkeit des Magazins und sagte eine Teilnahme an der Sitzung ab.

http://morgenpost.berlin1.de/content...ft/791445.html
Keine Ahnung, was ihr verstorbener Vater dazu gesagt hätte, wenn er den Mann, den er seinerzeit selbst als seinen Nachfolger auserkoren hat, heute in einer Zeit erleben würde, in der man meint, daß der Chef des wichtigsten deutschen Nachrichtenmagazins Besseres zu tun hat, als der Befriedigung seiner Eitelkeiten nachzugehen, indem er noch immer jeden Sonntag den Ansager bei SPIEGEL-TV spielt oder sich als "Der Chef" von befreundeten Fernseh-Autoren in TV-Porträts feiern läßt.

Und weil er durch das Angebot des früheren SPIEGEL-Herausgebers auch selbst steinreich geworden ist, fehlt ihm inzwischen jegliche Bodenhaftung, und sein einziges Gegenargument auf die Vorhaltungen von Franziska Augstein ist der Hinweis darauf, daß der SPIEGEL unter seiner Leitung nach wie vor eine gute Rendite erwirtschaftet. Nichts anders scheint für ihn noch zu zählen.

Aber man merkt, wie ängstlich und aufgescheucht seine Crew zur Zeit ist, weil sie begreifen, daß der Image-Verlust durch die vernichtende Kritik der Augstein-Tochter immens sein könnte. Also wurde heute abend gleich mal mit heißer Nadel scheinbar entrüstet eine Stellungnahme zusammengestrickt, die, wie ich finde, alles sogar noch viel schlimmer macht.

Gruß Ben

Zitat:
DER SPIEGEL ZUR AUGSTEIN-REDE

"Eigentum verpflichtet"

Franziska Augstein, Tochter des 2002 verstorbenen SPIEGEL-Herausgebers Rudolf Augstein, hat am Donnerstag in Berlin den SPIEGEL öffentlich kritisiert. In einer Erklärung verwahren sich nun die Ressortleiter des SPIEGEL gegen die Anwürfe.


Hamburg - Die Ressortleiter des SPIEGEL haben mit Befremden zur Kenntnis genommen, dass Franziska Augstein als Erbin und Mitbesitzerin des SPIEGEL-Verlags die Arbeit der Redaktion öffentlich kritisiert hat. Ihre Hauptargumente zeigen, dass sie wenig versteht von dem, wie ein Nachrichtenmagazin im allgemeinen und der SPIEGEL im besonderen zu berichten hat.

Rudolf Augstein wollte, dass nach seinem Tod sein Anteil am SPIEGEL-Verlag nicht in vollem Umfang auf seine Kinder übergehen sollte. Rudolf Augsteins Absicht war, seinen Kindern keine publizistische Macht über den SPIEGEL zu vererben.

Dass Franziska Augstein diese Enttäuschung nun zu einem Rundumschlag gegen diejenigen treibt, die seit Jahrzehnten durch ihre Qualitätsarbeit den SPIEGEL zu dem gemacht haben, was er ist, und so allen Gesellschaftern kontinuierlich üppige Millionengewinne sichern, lässt uns an ihrer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern dieses Hauses zweifeln. Eigentum - auch wenn man es geerbt hat - verpflichtet.

DER SPIEGEL steht dank der Arbeit der Chefredaktion, aller Redakteure und aller Beschäftigten glänzend da, seine Auflage liegt konstant bei 1,09 Millionen Exemplaren. Die Leser sind von der Qualität des Magazins überzeugt, selbst eine kürzliche Preiserhöhung von 40 Cent hat nicht zum Rückgang der Auflage geführt. Der SPIEGEL genießt im In- und Ausland hohes Ansehen, er ist das meistzitierte Medium der Republik, viele Preise für SPIEGEL-Kollegen belegen den hohen Standard seiner Berichterstattung.

Wir fordern Franziska Augstein auf, das Ansehen des Blattes nicht weiter zu beschädigen, und bitten die Gesellschafter des SPIEGEL, sich zum geschäftsschädigenden Verhalten der Miterbin zu äußern.

Hans-Joachim Noack, Dietmar Pieper, Hans-Ulrich Stoldt, Gabor Steingart, Jan Fleischhauer, Clemens Höges, Michaela Schießl, Heiner Schimmöller, Stefan Berg, Armin Mahler, Thomas Tuma, Hans Hoyng, Gerhard Spörl, Christian Neef, Johann Grolle, Olaf Stampf, Romain Leick, Matthias Matussek, Lothar Gorris, Cordt Schnibben, Alfred Weinzierl, Stephan Burgdorff, Thomas Schäfer, Michael Rabanus, Martin Brinker, Wolfgang Busching, Hauke Janssen, Peter Wahle

http://www.spiegel.de/kultur/gesells...384466,00.html