Der
Gutmensch ist wahrscheinlich eine Erfindung rechtstickender
Kameraden, die damit zunächst alle meinten, die Dinge tun, die aus ihrer Sicht alles andere als
gut sind, gelegentlich wurde der
Gutmensch auch als
Synonym für
Jude benutzt, um so eine - meistens freilich nur eingebildete -
Zensur zu umgehen.
Gutmenschen dürften recht häufig in
rechten Pamphleten auftauchen, die sich mit den angeblichen
"Verbrechen" der
israelischen Verteidigungsarmee befassen, die man nicht kritisieren dürfe, aber auch in
Beiträgen über hiesige
projüdische/-israelische Aktivitäten und die, von denen sie ausgehen.
Allerdings verblieb der
Begriff nicht im exklusiven
Besitz der
Führer-Erben, sondern fand Eingang auch etwa in
Polemiken politisch eher
linker Kreise, die von ersteren gern pauschal als
"Antideutsche" bezeichnet werden, die indes ihrerseits mit
Antideutschen oft nicht viel zu tun haben wollen.
Für
Antideutsche nun ist der
Gutmensch auch nicht unbedingt jemand, mit dem man gemeinsame Sache machen will, sondern jemand, der - um es zugespitzt zu formulieren - bestenfalls ein wenig
naiv ist und daher nur milde belächelt werden kann, schlimmstenfalls jemand, der ganz bewußt alles falsch macht.
Nehmen wir als
Beispiel mal den letzten
Irak-Krieg. Der war in
Deutschland ja bekanntlich alles andere als beliebt, während
Antideutsche ihm zustimmten, da sie davon ausgingen und -gehen, daß er der
irakischen Bevölkerung die
(kapitalistische) Befreiung von jahrzehntelanger
(quasi-feudalistischer) Diktatur bringen könnte.
Die
Gutmenschen sorgten sich demonstrierend um den Geistezustand des
George W. Bush und um
Gesundheit und
Leben der
irakischen Bevölkerung, an der der
Krieg natürlich nicht spurlos vorbeigehen würde.
Antideutsche Kritik etwa hält dieser
Sorge nun entgegen, daß die gleiche
Bevölkerung den
Gutmenschen gleichgültig war, als sie unter einer massenmörderischen
Diktatur zu leiden hatte.
Der gemeine
Gutmensch ging (meistens) also mit an sich nichtmal verwerflichen
Motiven auf die
Straße, machte sich aber dadurch
moralisch unglaubwürdig oder zumindest angreifbar, daß er eben nicht mit gleichem
Elan auch gegen das
Regime Saddam Husseins demonstrierte, also letztlich sich nicht wirklich für die
Menschen im
Irak interessierte.
Hinzu kam dann noch, daß besonders die Regierungen in
Old-Europe ja auch die
Friedensengel gaben, es ihnen dabei aber tatsächlich darum ging, die Interessen ihrer jeweiligen
nationalen Wirtschaften im
Irak des
Saddam Hussein zu schützen. Die
Gutmenschen aber demonstrierten zusammen mit ihren
Regierungen für
Weltfrieden, statt sich wenigstens von ihnen als
Handlanger des
Kapitals zu distanzieren.
Das war eine
Dummheit, denn dadurch wurde selbst der aufrechteste
Friedensfreund noch zum
Demonstranten für all die
Unternehmen, die im
Irak recht lukrative
Geschäfte machten und sich dabei nicht um
Menschenrechte scherten. Und so wurden sie eben zu
Gutmenschen, denen in mancherlei Hinsicht politische
Infantilität bescheinigt wurde durch diesen
Begriff.
Es gehört, geht es nach mir, der
Begriff freilich eher in eine
Polemik denn in einen
'normalen' Zeitschriftenbeitrag, in einem
Blatt wie dem
SPIEGEL hat er, da er doch sehr
polarisierend wirkt und auch wirken soll, nicht unbedingt etwas zu suchen. Es ist eher eine
Stil- als eine
Niveau-Frage, in ein weichgespültes
Mainstream-Medium gehört er nicht, aber beispielsweise auf
Flugblättern dagegen hat er schon seine
Berechtigung.
MfG
tw_24