Ich glaube gern, daß die
"seitenlange Auflistungen von sich widersprechenden Opferzahlen ermüdet" *), nur findet die erstens gar nicht seitenlang - das Kapitel
Zahlenspiel mit Toten ist 11 Seiten
kurz - statt und ist sie wohl unumgänglich, will man aufzeigen, wie aus den im
Tagesbefehl 47 (März 1945) vom
"Höheren SS- und Polizeiführer Dresden" genannten
20.204 Toten die
250.000 Toten wurden, die beispielsweise die
NPD in ihrer
"Dokumentation der Debatte über den 'Bomben-Holocaust'" nennt, oder die
"etwa 40.000 Menschen", die ein aktuelles Schulbuch in der
"von Flüchtlingen überfüllten Stadt" als Tote gezählt haben will.
Letzteres verbreitet übrigens gleich zwei
Lügen. Zur eher geschätzten als belegten
Opferzahl kommt hier nämlich die Behauptung einer
"überfüllten Stadt", die
Dresden nicht war, weil es als
Transportknotenpunkt im schon beträchtlich geschrumpften
Reich eben tatsächlich sehr
kriegswichtig war und deshalb
Flüchtlinge, damit diese die
Stadt und die
Schienen- wie
Straßenwege in ihr und um sie herum nicht verstopften, schnellstmöglich weiterbefördert wurden -
inoffiziell war
Dresden seit Ende 1944,
offiziell seit
April 1944 Festung, also
militärisch doch nicht ganz unwichtig.
Ob
Dresden nun
kriegswichtiger als die andere
Elbestadt war, um die aber auch nicht solch ein
Opferkult betrieben wird wie um
Dresden - jedenfalls fiel mir in
Hamburger Buchläden recht angenehm ein verglichen mit
Dresden nicht allzu üppiges
'heimatkundliches' Angebot auf -, vermag ich nicht zu sagen. Fest steht aber, daß
Dresden neben seiner Rolle als
Verkehrsknotenpunkt tatsächlich auch noch einige
Industrie zu bieten hatte, vor allem im
präzisionsoptischen Bereich und auf dem Gebiet der
Flugzeug-Entwicklung.
Dresden besteht eben nicht nur aus
Frauenkirche - mit
Nazi-Pastor! - und
Semper-Oper.
Im schon von mir erwähnten Kommentar der
Süddeutschen Zeitung wird übrigens auch noch etwas zur angeblichen
"Sinnlosigkeit" der
Bombardierung nicht nur
Dresdens oder der
These, der
Krieg sei doch schon
entschieden gewesen,
gesagt:
"Auch deutsche Historiker wie der Luftkriegs-Experte Rolf-Dieter Müller nehmen an, dass der Zweite Weltkrieg ohne die alliierten Bombenflugzeuge bis zu zwei Jahren länger gedauert hätte. 'Churchill hat Hitler besiegt', schreibt Müller, 'und dafür können wir ihm dankbar sein' - und zu diesem Sieg haben die Bomber beigetragen." Daß man das in
Deutschland, besonders aber in
Dresden nicht gern hört, weiß ich wohl - auch aus eigener Erfahrung mit
Überlebenden, die aber wenigstens nicht irgendwelche
Tiefflieger oder
Kinovorführungen erfinden.
Zitat:
Zitat von Jules
Du erwartest wirklich das man sich nach 60 Jahren noch genau an einen Zeitablauf, Kinoschließungen, Filmvorführungen usw. ganz genau erinnern kann ?
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Nehmen wir mal an, Du lebtest in der
Stadt, um die der
Bombenkrieg bisher weitgehend einen Bogen gemacht hat. Und dann kommt da dieser massive Angriff, den Du überlebst. Glaubst Du nicht, daß Du Dich auch in ein paar Jahrzehnten noch ziemlich genau daran erinnern könntest, was Du unmittelbar vorher oder nachher gemacht hast? Ich weiß ziemlich genau, was ich am
11. September 2001 machte, als die
Twin Towers zusammenfielen - beim
11. September 2002 kann ich es nicht mehr sagen. Und selbst wenn die
Erinnerung den
Guido Knopp-"Zeugen" verlassen haben sollte, so wäre es Aufgabe des
Guido Knopp gewesen, dessen
Angaben auf Plausibilität zu prüfen - ein einstündiger Besuch im
Stadtarchiv hätte dazu ausgereicht. (Gerade bei
Oral History ist sowas ungemein wichtig, das lernt der
Geschichts-Student spätestens im zweiten
Semester.)
*) Der
"Klappentext", den
Amazon liefert, stimmt übrigens nicht ganz mit dem überein, der den Buchrücken tatsächlich ziert, aber das nur nebenbei ;-) ...
MfG
tw_24