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4. April 2006, 01:05   #1
Ben-99
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Hölle Kongo – Warum haben wir so lange weggesehen?

... die dusselige Überschrift stammt natürlich nicht von mir, sondern ist in der aktuellen "Bild-Zeitung" zu lesen:

http://www.bild.t-online.de/BTO/news...lle-kongo.html

Dabei ist die Frage eigentlich ganz leicht zu beantworten. Denn: "Wir" sehen ja auch weg, wenn zum Beispiel in Saudi-Arabien Dieben die Hände abgehackt und jeden Tag Menschen geköpft werden. Und warum schauen wir weg? Ganz einfach: Weil die Herrscher in Saudi-Arabien aufgrund der großzügigen Öl-Rabatte zu den Freunden der USA gehören. Deshalb wird auch nur ganz selten bei uns über dieses Land berichtet. Und was man nicht weiß, macht einen nicht heiß.

Und mit dem Kongo ist das auch so eine Sache. Und schon kommen die "Bild"-Redakteure gefühlsmäßig ganz durcheinander. Denn einerseits wissen auch sie:

Zitat:
1200 Menschen sterben täglich, der höchste Blutzoll seit dem 2. Weltkrieg. 17 000 UN-Blauhelme sind im Einsatz, die größte und teuerste Friedensmission weltweit.

Es ist eine „mission impossible“. Pakistanische, nepalesische und UN-Truppen aus Bangladesch sind zu schlecht ausgerüstet, um gegen marodierende Deserteure, Milizen und Mörderbanden durchzugreifen.

Anarchie, Totschlag sollen nun am 25. Juni mit den ersten demokratischen Wahlen nach 46 Jahren ein Ende finden. Als europäische Eingreiftruppe sollen 1500 Soldaten in den Kongo gehen – unter deutscher Führung. Was bedeutet das, macht das Sinn?

(...)

So nobel der Einsatz im Kongo sein mag – 1500 Soldaten sind in dem riesigen, zersplitterten Land im Ernstfall völlig ohnmächtig.
Andererseits müssen die braven Springer-Knechte aber auch für ihre geliebte neue Kanzlerin kämpfen, da Angie ja unbedingt deutsche Soldaten im Kongo verpulvern lassen will. Also wird detailliert ein zu Herzen gehender tragischer Fall beschrieben und danach die suggestive Frage gestellt:

Zitat:
Soll, darf man das riskieren? Oder ist die Frage eine ganz andere: Muß man nicht alles versuchen, damit kein Kind mehr wie Pascal seine Mutter, seine Familie im Höllenfeuer des Hasses verliert?
Schön und gut. Nur vielleicht wundert sich mancher Leser, warum "Bild" solche Fragen nicht auch schon mal gestellt hat, wenn es um das zehntausendfache Sterben von Zivilisten im Irak geht. Auch dort betrauern Mütter ihre Söhne und umgekehrt. Doch um das Schicksal von unbeteiligten irakischen oder palästinensischen Frauen und Kindern hat sich "Bild" bisher so gut wie nie gekümmert.

Aber plötzlich soll uns das Problem "Afrika" interessieren. Im Prinzip gar nicht mal schlecht, weil dort seit Jahrzehnten noch das größte Grauen auf der Welt herrscht und blutrünstige Diktatoren regieren, gegen die ein Saddam Hussein wie ein harmloser Waisenknabe wirkt. Und das Abartige ist, daß die meisten afrikanischen Schlächter sogar von uns, der "westlichen Welt", unterstützt und somit an der Macht gehalten worden sind.

Deshalb und weil wir uns immer noch wegen unserer Kolonial-Politik schämen, als wir die "Bimbo"-Sklaven nach Belieben ausgenutzt und/oder abgeschlachtet haben, mögen wir Deutschen, aber auch viele andere "zivilisierte" europäische Länder nicht so gern über "Afrika" reden.

Doch zum Glück haben wir jetzt mit Angela Merkel eine Kanzlerin, die entschlossen ist, das Problem "Afrika" mutig anzupacken. Und so werden die 1.500 deutschen Soldaten im Kongo sicherlich all das wieder gutmachen, was dort unten von uns angerichtet worden ist.

Auch das ist im Prinzip eine schöne Sache. Und wenn die blutigen Kämpfe irgendwann nach vielen Jahren mal zu Ende sind, werden wir Deutschen, selbstverständlich zusammen mit unseren amerikanischen Verbündeten, den neuen afrikanischen Freunden im Kongo Tips geben, wie sie ihre reichhaltigen Bodenschätze von nun an am besten vermarkten.

Es ist immer wieder schön mitanzusehen, wie sich die USA die letzten Rohstoff-Ressourcen mit Hilfe ihrer verläßlichen deutschen Freunde krallen, damit nicht irgendwann so ein afrikanisches "Hottentotten"-Land darüber allein verfügen kann. Und was (angeblich) bisher im Nahen Osten wunderbar funktionierte, wird ja wohl auch in Afrika klappen. Zumindest in dieser Hinsicht scheinen sich Georgie-Boy und Angie auch diesmal wieder völlig einig zu sein ;-)

Gruß Ben