Einzelnen Beitrag anzeigen
10. April 2006, 12:43   #11
Ben-99
Ungültige E-Mail Angabe
 
Registriert seit: June 2003
Beiträge: 5.899
Zitat:
Mal eine ketzerische Frage: Welcher Alt-Bundeskanzler ist der anständigere Mann?

Der eine hat sich während seiner Amtszeit mehrfach für die Geschäftsinteressen eines mit ihm eng befreundeten Unternehmers eingesetzt, für ihn bei der europäischen Kommission schriftlich interveniert und von ihm möglicherweise sogar eine Millionenspende für seine schwarze Wahlkampfkasse erhalten. Nach dem Ende seiner Amtszeit schloß er mit dem Unternehmer einen geheimen Beratervertrag und kassierte 600 000 Mark. Bekannt wurde der Vertrag nur deshalb, weil der Unternehmer pleite ging und in die Firmenzentrale der Insolvenzverwalter einzog.

Der andere Alt-Bundeskanzler hat während seiner Amtszeit zusammen mit einem russischen Freund ein riesiges Pipeline-Projekt für Erdgaslieferungen an Deutschland vorangetrieben und kurz vor der Bundestagswahl noch den Vertrag vor 30 Fernsehkameras unterzeichnet. Anschließend gaben er und das von seinem Freund kontrollierte Energieunternehmen öffentlich bekannt, daß er für 250 000 Euro im Jahr den Aufsichtsratsvorsitz der Pipelinegesellschaft übernimmt.

Der eine Alt-Bundeskanzler gilt nach wie vor als ehrenwerter Mann, er wird überhäuft mit Orden und Ehrungen und von seinen Anhängern andächtig wie eine Ikone verehrt.

Der andere Alt-Bundeskanzler wird öffentlich als moralisch verkommen dargestellt, politische Gegner und selbst ehemalige Freunde erwecken den Eindruck, als sei er käuflich und habe die Pipeline nur aus einem Grund gefördert, um nämlich anschließend einen hochdotierten Posten absahnen zu können.
... so beginnt ein interessanter Artikel im heutigen "Hamburger Abendblatt" von Michael Spreng, der dann erklärt, warum er es für ungerecht hält, daß jetzt über Schröders lukrative Freundschaft zu Wladimir Putin die Nase gerümpft wird, während die mindestens ebenso anrüchige Kumpanei zwischen Helmut Kohl und Leo Kirch dem "sauberen" CDU-Alt-Bundeskanzler nicht nachgetragen wird:

http://www.abendblatt.de/daten/2006/04/10/551949.html

Ein Artikel, der nachdenklich stimmt, weil er auch die Doppelmoral des FDP-Chefs Guido Westerwelle und die Scheinheiligkeit der Grünen beleuchtet. Und weil "Abendblatt"-Autor Michael Spreng keineswegs als SPD-Spezi gilt, sondern nach seiner Zeit als "BamS"-Chefredakteur auch als offizieller Wahlkampf-Berater für den damaligen Kanzlerkandidaten Stoiber tätig war.

"Gerhard Schröder ist im Vergleich zu Kohl ein eher harmloser Fall", betont Spreng am Ende seines Beitrags. "Er hat ein Recht darauf, daß die Maßstäbe gegenüber jedermann in der Politik gleich sind. Auch Schröder hat einen Anspruch auf Gerechtigkeit - egal, was man von seiner Amtszeit und seiner Politik hält."

Gruß Ben