Salman Rushdie (* 19. Juni 1947 in Bombay, Indien) ist ein indisch-britischer Schriftsteller. Er gehört zu den bedeutendsten Vertretern der zeitgenössischen Literatur. Seine Erzählungen reichert er mit phantastischen Elementen aus der Märchenwelt an. Dieses Vermischen von Mythos und Phantasie mit dem realen Leben wird als magischer Realismus bezeichnet. Rushdie schreibt in englischer Sprache. Seit 2004 ist Rushdie in vierter Ehe mit dem indischen Model Padma Lakshmi verheiratet.
Leben
Salman Rushdie wuchs in Bombay (heute Mumbai) auf. Sein Vater war ein erfolgreicher Geschäftsmann. Dieser Tatsache verdankte er es, dass er im Alter von 14 Jahren nach England geschickt wurde und eine gute Ausbildung erhalten konnte. Im Anschluss an die Ausbildung studierte er Geschichte am King’s College der Universität Cambridge. Er arbeitete am Theater und als freier Journalist. 1964 wurde er britischer Staatsbürger.
Mit „Grimus“ veröffentlichte Salman Rushdie 1975 sein erstes Werk, das ihm aber nicht den erhofften Erfolg einbrachte. Sein internationaler Durchbruch gelang ihm 1981 mit dem Buch „Mitternachtskinder“, wofür er mit dem Booker-Preis ausgezeichnet wurde. Sein drittes Buch „Scham und Schande“ erschien 1983.
Einen weiteren Erfolg verzeichnete er 1988 mit seinem Werk „Die satanischen Verse“. Durch die in den Alpträumen eines Protagonisten widergespiegelte Darstellung des Lebens des Propheten Mohammed fühlten sich viele Muslime in ihren religiösen Gefühlen verletzt – die meisten freilich ohne das Buch überhaupt zu kennen, da es weder leicht zu lesen noch erschwinglich und obendrein von islamischen Geistlichen verboten war. Am 14. Februar 1989 verurteilte der iranische Staatschef Khomeini Rushdie mittels einer Fatwa zum Tode, weil das Buch „gegen den Islam, den Propheten und den Koran“ sei. Khomeini rief die Moslems in aller Welt zur Vollstreckung auf. Um die Durchführung zu beschleunigen, wurde ein Kopfgeld von drei Millionen US-Dollar ausgesetzt.
Salman Rushdie erklärte gegenüber der islamischen Glaubensgemeinschaft sein Bedauern über „die Besorgnis, die die Veröffentlichung aufrichtigen Anhängern des Islam bereitet hat“. Aber auch nach dem Tode Khomeinis am 3. Juni 1989 wurde das Todesurteil aufrecht erhalten. 1991 wurde das Kopfgeld sogar verdoppelt. Der Dichter lebte wegen der erhaltenen Morddrohungen in erzwungener Isolation an ständig wechselnden Wohnorten und unter Polizeischutz; Khomeini und Mittäter wurden nicht einmal symbolisch zur Fahndung ausgeschrieben, die diplomatischen Beziehungen nicht von Großbritannien, sondern vom Iran abgebrochen und die Botschafter des Westens nach vier Wochen wieder in den Iran zurückgeschickt. Die zahlreichen Drohungen und Anschläge gegen die Verlage und die Ermordung mehrerer Übersetzer verhinderten den Erfolg des Buches nicht. Es errang eine ungeheure Verbreitung über die ganze Welt.
Auf seiner Flucht verfasste Rushdie für seinen Sohn das Märchen „Harun und das Meer der Geschichten“, in dem ein Märchenerzähler die Fähigkeit verliert, Geschichten zu erzählen, weil ihm der „Geschichtenhahn“ abgedreht wird und er keinen Zugang mehr zum „Erzählwasser“ hat. Sein Sohn macht sich auf den Weg, seinen Vater zu retten. Diese Geschichte diente als Parabel auf Rushdies eigene Situation, im Untergrund und getrennt von der Familie. Rushdie erhielt unzählige renommierte Preise, der herausragendste ist der Aristeion-Literaturpreis der EU für sein Gesamtwerk.
Im Jahre 1998 distanzierte sich die Regierung Teherans in einer offiziellen Erklärung von dem Todesurteil. Fundamentalistische Kreise halten aber daran fest.
1999 entsteht das Werk „Der Boden unter ihren Füßen“ (und ein Lied von U2: „The ground beneath her feet“) und 2001 der Roman „Fury“. Eine Sammlung skurriler Erzählungen heißt „East, West“.
2005 veröffentlichte Rushdie den Roman „Shalimar the Clown“, 2006 unter dem Titel „Shalimar der Narr“ auf Deutsch erschienen.
Für sein Lebenswerk wurde Salman Rushdie 1999 von der Freien Universität Berlin mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet.
Zitate
„Redefreiheit ist das Entscheidende, um sie dreht sich alles. Redefreiheit ist das Leben.“'
„Dort oben im Luftraum, jenem weichen, nicht wahrnehmbaren Bereich, den das Jahrhundert ermöglicht hatte und der daraufhin das Jahrhundert ermöglichte, der zu einer seiner bestimmenden Sphären geworden war, zum Ort des Strebens und des Krieges, zu einem Ort, der den Planeten schrumpfen ließ, einem Mächtevakuum, der unsichersten und unbeständigsten aller Sphären, trügerisch, ständig in Auflösung und Wallung begriffen – denn wenn man alles in die Luft wirft, wird alles möglich –, hochdortoben jedenfalls fanden Veränderungen in delirierenden Schauspielern statt, die das Herz des alten Herrn Lamarck höher schlagen lassen: unter extremem Außendruck werden charakteristische Merkmale erworben.“ (aus „Die satanischen Verse“)
Literatur
Peter Priskil: Salman Rushdie – Portrait eines Dichters. Ahriman. ISBN 3-922774-28-8
Gereon Vogel: Blasphemie – Die Affäre Rushdie in religionswissenschaftlicher Sicht. Peter Lang, ISBN 3-631-32892-3
Raphaël Aubert: L'Affaire Rushdie. Le Cerf, ISBN 2-204-04193-9
Sonstiges
Salman Rushdie stellte sich selbst in einer Gastrolle in dem Spielfilm „Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück“ (2001) dar.
Werke
Grimus, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-22916-1 (engl. Grimus 1975)
Mitternachtskinder, Reinbek bei Hamburg 2005, ISBN 3-499-23832-2 (engl. Midnight’s Children 1981)
Scham und Schande, München 1990, ISBN 3-492-11148-3 (engl. Shame 1983)
Die satanischen Verse, München 1997, ISBN 3-426-60648-8 (engl. The Satanic Verses 1988)
Harun und das Meer der Geschichten, Reinbek bei Hamburg 2005, ISBN 3-499-23936-1 (engl. Haroun and the Sea of Stories 1990)
Osten, Westen, München 1996, ISBN 3-426-60571-6 (engl. East, West 1994)
Des Mauren letzter Seufzer, München 1998, ISBN 3-426-60704-2 (engl. The Moor’s last sigh 1995)
Der Boden unter ihren Füßen, München 1999, ISBN 3-463-40302-1 (engl. The Ground Beneath her Feet 1999)
Wut, Reinbek bei Hamburg 2003, ISBN 3-499-23312-6 (engl. Fury 2001)
Shalimar der Narr, Reinbek bei Hamburg 2006, ISBN 978-3-498-05774-9 (engl. Shalimar the Clown 2005
Der Zauberer von Oz (The wizard of Oz), Bellheim 1999, ISBN 3-924959-53-6
Heimatländer der Phantasie: Essays und Kritiken 1981–1991 (Imaginary homelands), ISBN 3-463-40155-X
Überschreiten Sie diese Grenze!: Schriften 1992–2002 (Step across this line), Reinbek bei Hamburg 2004, ISBN 3-498-05773-1
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