Der Nyos-See ist ein Kratersee in Kamerun (Zentralafrika). Er befindet sich in einem alten Vulkankrater im Oku-Vulkangebiet. Der See ist bekannt geworden durch die Nyos-Tragödie, bei der plötzlich große Mengen von Kohlendioxid (CO2) aus dem See austraten und etwa 1800 Bewohner der umliegenden Dörfer töteten.
Geologische Gegebenheiten
Der Nyos-See füllt ein beinahe kreisrundes Maar - einen Explosionskrater, der entsteht, wenn flüssige Lava mit Grundwasser zusammentrifft. Man nimmt an, dass sich das Maar vor etwa 400 Jahren während eines Vulkanausbruchs gebildet hat. Es hat einen Durchmesser von ca. 1800 m und ist etwa 200 m tief. Das Gebiet ist seit Millionen von Jahren vulkanisch aktiv. Nachdem Südamerika und Afrika vor etwa 110 Millionen Jahren durch die Plattentektonik von einander getrennt wurden, bildete sich in Westafrika ein Grabenbruch, der Mbérégraben. Auf einer Linie, die sich durch ganz Kamerun zieht, erreicht das Magma die Erdoberfläche. Der Kamerunberg liegt ebenfalls auf dieser Linie. Der Nyos-See ist von alten Lavaströmen und pyroklastischen Ablagerungen umgeben.
Die Sättigung mit Gas
Der Nyos-See ist einer von drei Seen auf der Welt, von denen man weiß, dass sie mit Kohlendioxid gesättigt sind. Die anderen beiden sind der Manoun-See (auch in Kamerun, etwa 200 km entfernt) und der Kiwusee in Ruanda. Eine Magmakammer unter dem Gebiet ist die Quelle von überschüssigem Kohlendioxid, welches durch den Seeboden nach oben steigt. So lösen sich jährlich schätzungsweise 90 Millionen Kilogramm CO2 im Wasser des Sees.
Das Wasser im Nyos-See ist thermisch geschichtet: Schichten von warmem Wasser an der Oberfläche liegen über kalten, dichteren Schichten am Seeboden. Bei einem Druck von ca. 20bar in 200m Tiefe kann das kalte Wasser mehr als 10mal so viel CO2 speichern wie das Oberflächenwasser. Die ständige Gaszufuhr aus dem Untergrund führt mit der Zeit zur Übersättigung des Tiefenwassers. Wenn dann ein Ereignis wie Erdrutsch, kleines Erdbeben, vulkanische Aktivität oder ein spontanes Ausgasen aufgrund der Übersättigung die Wasserschichten durchmischt, treten schlagartig große Mengen von CO2 aus dem Wasser aus. Da CO2 schwerer als Luft ist, sammelt sich das Gas am Boden und fließt als unsichtbarer Gas-Strom durch die umliegenden Niederungen. Eine Anreicherung von 5% führt zur Bewustlosigkeit, ein Anteil von 8% innerhalb kurzer Zeit zum Tode.
Die Katastrophe von Nyos
Im Jahr 1984 gab es eine plötzliche Ausgasung von Kohlendioxid am Manoun-See, bei der 37 Menschen ums Leben kamen. Am 21. August 1986 gegen 21:30 Uhr setzte der Nyos-See schlagartig ca. 1,6 Millionen Tonnen CO2 frei. Das Gas strömte in zwei naheliegende Täler und tötete Menschen und Tiere in bis zu 27 km Entfernung vom See. Etwa 1800 Menschen und tausende von Tieren verloren ihr Leben.
Der Auslöser für diese plötzliche Ausgasung ist nicht bekannt. Die meisten Geologen vermuten einen Erdrutsch, einige glauben, dass ein kleiner Vulkanausbruch die Ursache war.
Entgasungs-Projekt
Das Ausmaß der Katastrophe löste zahlreiche Untersuchungen aus, wie man eine Wiederholung vermeiden könnte. Schätzungen über die in den See eintretenden CO2-Mengen kamen zu dem Ergebnis, dass solche Ausgasungen alle 10 bis 30 Jahre auftreten könnten.
Als Lösung schlagen Wissenschaftler vor, Rohre bis in die tiefen Schichten des Sees zu führen und so eine kontrollierte und kontinuierliche Entgasung zu ermöglichen. Seit 2001 ist ein solches Rohr, etwa so dick wie ein Laternenpfahl, in Betrieb. Es ist an der Oberfläche an einem Floß befestigt, Gewichte am unteren Ende halten es in einer senkrechten Lage. Nachdem der Wasserfluss einmal mit einer Pumpe in Gang gesetzt wurde, läuft er nun selbständig: Das mit CO2 gesättigte Wasser steigt in dem Rohr aus 200 Meter Tiefe nach oben. Mit abnehmendem Druck perlt Kohlendioxid aus. An der Oberfläche schießt das Gemisch in einer 40 Meter hohen Fontäne aus dem Rohr und saugt dadurch am Seeboden neues Wasser an. Die CO2-Konzentration in der Luft ist ungefährlich. Man hofft, durch dieses Verfahren die CO2-Konzentration im Seewasser soweit absenken zu können, dass ähnliche Katastrophen in Zukunft nicht mehr auftreten. Um das innerhalb von fünf bis zehn Jahren zu erreichen, wäre die Installation von vier bis fünf weiteren Rohren erforderlich, wofür aber bisher kein Geld vorhanden ist.
Da das anfangs umstrittene Projekt erste Erfolge zeigte ist nun auch an eine Entgasung des Kiwusees in Ruanda gedacht. Im Kiwusee werden die größten CO2-Mengen weltweit vermutet.
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