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26. October 2006, 01:53   #1
Ben-99
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Harmlose Totenkopf-Fotos von deutschen Soldaten in Afghanistan.

... wie man zwar geschmacklose, aber in Wirklichkeit nicht wirklich schlimme Fotos, die ein paar deutsche Soldaten vor 3 Jahren in Afghanistan aufgenommen haben, zur Staatsaffäre aufblasen kann, haben wir ja heute in den Medien erlebt.

Das Bedenkliche daran: Die Empörung der für den dortigen Kriegseinsatz verantwortlichen Politiker unterscheidet sich kaum von den Reaktionen, als bekannt wurde, daß englische Soldaten Gefangene mißhandelt und die amerikanischen Besatzer im Irak junge Frauen vergewaltigt und getötet und auch ihre Angehörigen ermordet haben.

Was soll das? Will man etwa dumme Streiche überforderter junger Soldaten in Afghanistan auf eine Stufe mit Vergewaltigung, Folterung und Mord stellen?

Die Herren, die sich da jetzt so "empört" über die Fotos zeigen, sollten lieber mal endlich der Öffentlichkeit erzählen, was die mehrere Tausend deutschen Soldaten dort unten überhaupt machen und wieso man ständig eine derartige Geheimniskrämerei um den Einsatz dieser Truppe macht, um somit die deutschen Bürger zu verarschen, die glauben sollen, daß es dort in Afghanistan angeblich nur um "humanitäre Hilfe" geht.

Das ist und war schon von Anfang an Quatsch. Denn ebenso wie im Irak ist auch in Afghanistan der von den USA begonnene verdammt blutige Krieg noch lange nicht zu Ende. Und es wird auch dort jeden Tag gestorben. Auch Deutsche werden, wenn auch nicht so oft, regelmäßg in diesem Krieg getötet, und ich gönne es keinem von uns, daß er mal den Job eines dieser jungen, offenbar nur unzureichend vorbereiteten Soldaten übernehmen muß.

Daß junge Menschen schon nach wenigen Wochen seelisch verrohen, wenn sie von einem Tag auf den anderen gezwungen werden, als Soldat in einen Schlamm voller Gewalt, Blut und Elend einzutauchen, ahnte man schon während der beiden Weltkriege. Aber erst nachdem viele junge Kämpfer für ihr sogenanntes "Vaterland" später als psychische Wracks aus dem Vietnam-Krieg heimkehrten, der neben einer Million Vietnamesen auch über 50.000 amerikanischen Soldaten das Leben gekostet hat, ist die Öffentlichkeit darauf aufmerksam geworden.

Insofern freue ich mich sogar darüber, daß durch solche eher harmlosen Fotos auch endlich mal auf das Schicksal der in Afghanistan stationierten deutschen Soldaten hingewiesen wird, die dort eigentlich überhaupt nichts zu suchen haben. Besser so, als daß man ihre Rekrutierung, ihr Leid und auch ihr Sterben dort am Arsch der Welt, auch weiterhin vor ihren deutschen Landsleuten verheimlicht, wie es wohl den meisten dafür verantwortlichen Politikern am liebsten wäre.

Es ist schlimm genug, daß grüne und sozialdemokratische Volksvertreter, zu denen auch Fischer und Schröder gehören, die Verantwortung für die Entsendung deutscher Soldaten nach Afghanistan tragen. Aber noch schlimmer ist, daß uns die ganze Zeit Lügenmärchen erzählt wurden, mit denen man von Anfang an die Beteiligung deutscher Soldaten an den dortigen Kämpfen verharmlosen wollte. Fakt ist aber, daß dort Krieg herrscht – mit dem üblichen täglichen Grauen, das man auch von anderen Kriegsschauplätzen in der Welt kennt, wo es auch normal ist, daß man täglich über die Skelette einiger der hunderttausenden Opfer stolpert.

Daher sehe ich auch überhaupt keinen Grund zur Panik, wenn durch solche geschmacklosen Fotos nun auch endlich mal Lieschen Müller klar wird, daß sich ein deutscher Soldat eben auch nicht viel anders als seine englischen und amerikanischen Kriegskameraden verhält, was den Zynismus und die bei Kriegen normale Verrohung der Psyche betrifft.

Das derzeit geheuchelte moralische "Entsetzen" über in Wirklichkeit harmlose Vergehen streßgeplagter Jung-Soldaten in Afghanistan sollten sich unsere moralisch sehr viel mehr verkommenen Volksvertreter in Berlin lieber für den Zeitpunkt aufbewahren, an dem bekannt wird, daß auch Deutsche an Vergewaltigungen, Folterungen und Ermordungen von Zivilisten teilgenommen haben. Doch davon kann zum Glück bis jetzt keine Rede sein.

Und doch hat man den Bremer Murat Kurnaz 5 Jahre lang in einem amerikanischen KZ auf Kuba schmoren lassen und all die Zeit die Hilferufe des Gefolterten nicht gehört oder wenigstens nicht hören wollen – selbst wenn er es deutschen "Beamten" vom Geheimdienst bei ihren Besuchen in Guantanomo immer wieder ausführlich erzählt hat.

Dadurch kam heraus: Der deutsche BND denkt gar nicht daran, seine unterwürfige Haltung vor dem amerikanischen Folter-Verein CIA zu überdenken. Und das ist der wirkliche Skandal. Und eben nicht, wenn ein Soldat mal obszön mit einem der vielen dort herumliegenden Totenschädel vor einer Kamera posiert.

Gruß Ben