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21. November 2006, 05:35   #360
Jules
 
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21. November 1931: Uraufführung des Films Frankenstein (Regie: James Whale)

Frankenstein aus dem Jahr 1931 ist die erste Tonverfilmung des Romans von Mary Shelley. Der Schwarzweißfilm verwendet nur einige Motive und Personen aus Shelleys Roman und beruht eigentlich auf dem gleichnamigen Bühnenstück von Peggy Webling. Der englische Regisseur James Whale schuf mit Frankenstein einen Klassiker des Horrorfilms, dem zahlreiche weitere Verfilmungen folgten. Boris Karloff, der das Monster spielte, gelang mit Frankenstein der Durchbruch als Schauspieler.

Der Film erzählt, wie Henry Frankenstein Ende des 19. Jahrhunderts abseits der anerkannten Wissenschaft versucht, Leben aus toter Materie zu erschaffen. Nachdem es ihm gelungen ist, ein vormals totes Herz drei Wochen lang schlagen zu lassen, beginnt er damit, aus Leichenteilen einen Körper zu erschaffen. Diesem Körper will er mit den von ihm entdeckten, aber nicht näher bezeichneten Strahlen Leben einhauchen, was ihm mit Hilfe eines Blitzes auch gelingt. Jedoch hat sein Assistent Fritz einen Fehler gemacht, und das von Frankenstein erschaffene Wesen verhält sich anders als vorgesehen.

Analyse
Diese Verfilmung hat bis zur heutigen Zeit das Bild von Frankensteins Monster geprägt, was sich unter anderem in unzähligen Nachahmungen und Parodien in unterschiedlichen Medien niederschlägt. Die Darstellung des Monsters ist für die Zeit der Verfilmung recht differenziert. Obwohl das Monster Menschen tötet, sind die Sympathien heutiger Zuschauer auf der Seite des Monsters. Das Monster wird als verletzliches, kindlich naive Kreatur dargestellt. Die Sichtweise von Zeitgenossen sah allerdings noch anders aus, wie man auch am Unterschied der Kritiken von damals und heute sehen kann.

Eine entscheidende Rolle spielt dabei die in der Uraufführung entfernte Szene mit dem kleinen Mädchen Maria. Das Monster spielt mit dem kleinen Mädchen in kindlich naiver und herzlicher Freude. Das Mädchen wirft Blumen ins Wasser, die auf dem Wasser treiben. Nachdem das Mädchen dem Monster einige Blumen abgegeben hat, wirft das Monster diese auch ins Wasser, und freut sich darüber. Als aber keine Blumen mehr da sind, wirft das Monster das Mädchen ins Wasser, in dem Irrglauben, es würde ebenso wie die Blumen an der Wasseroberfläche treiben. Als das Monster seinen Irrtum erkennt, läuft es schließlich verzweifelt weg.

Diese Kürzung an der ursprünglichen Version verändert somit auch die Aussage dieser Szene: In der gekürzten Fassung sieht man nur, wie das Monster auf das Mädchen zuläuft, und nach einem Schnitt, wie es vom aufgewühlten Wasser wieder wegläuft. Dadurch entsteht ein völlig verändertes Bild des Monsters.

Randnotizen
Im Jahr 2003 hat die Academy of Motion Picture Arts and Sciences die Wahlunterlagen für die Oscarverleihung 2003 mit verschiedenen speziellen Briefmarken zum Thema Film versehen. Darunter befand sich auch eine Briefmarke zum Thema "Make-up", welche das Bild von Boris Karloff als Frankensteins Monster zeigte.
Bei seiner Uraufführung in den Kinos war der Film in manchen Ländern zensiert und es fehlten zwei Szenen. Zum einen gab es eine Szene, in der Colin Clive als Dr. Frankenstein sich beim Erwecken des Monsters mit Gott vergleicht. Zum anderen die bereits erwähnte Szene des Mädchens mit den Blumen. Auf der DVD sind beide Szenen wieder in den Film eingefügt. Bevor diese Szenen aus dem Film entfernt wurden, bestand Carl Laemmle, der Gründer von Universal Pictures, darauf, dass ein Prolog mit einer „freundlichen Warnung“ vor den schockierenden und zum Teil erschreckenden Bilden eingefügt wird. In diesem Prolog wandte sich der Schauspieler Edward van Sloan direkt an das Publikum.
Im Vorspann des Filmes wurde als Besetzung für die Rolle des Monsters lediglich ein Fragezeichen angegeben.
In der deutschen Synchronfassung wird aus Henry Frankenstein, Herbert Frankenstein.
Während der Dreharbeiten zum Frankenstein-Film 1931 hatte man im Produktionsteam die Befürchtung, die siebenjährige Marilyn Harris, die in der Rolle der kleinen Maria vom Monster in einen See geworfen werden sollte, würde durch Karloffs gruselige Maske und Kostüm zu sehr erschreckt werden, um die Szene spielen zu können. Als die versammelte Crew gemeinsam zum Drehort fahren sollte, lief Marilyn vom Auto, mit dem sie fahren sollte, direkt hinüber zu dem "Monster" Karloff, nahm seine Hand und fragte: „Darf ich mit Ihnen fahren?“ Sehr erfreut und in typischer Karloff-Manier erwiderte dieser: „Es wäre mir ein Vergnügen, Kleines.“ Und so fuhr sie die ganze Strecke bis zum Drehort mit dem "Monster" in seiner Limousine.
Die Weltpremiere dieses Films fand am 21. November 1931 in den USA statt.

Auswirkungen
Trotz des eigentlichen Fehlers – Frankenstein ist der Schöpfer und nicht das Geschöpf – entsteht bei Nennung des Namens Frankenstein ein Bild des Monsters vor dem inneren Auge. Obwohl Boris Karloff nur dreimal die Rolle des Ungeheuers spielte, in Frankenstein, Frankensteins Braut und Frankensteins Sohn, ist seine Darstellung und vor allem die Maske eine Ikone und ein Markenzeichen für unzählige Nachahmungen geworden. Fast alle folgenden Filme setzten auf das kantige, grüne Gesicht und die Elektroden am Hals. Jedenfalls soweit die Produzenten in der Lage und willens waren, die Lizenzgebühren an Universal zu zahlen. Universal hatte sich die Copyrights auf ihre Horrorfiguren gesichert. Diese Bestimmungen schützten nicht nur das Aussehen, sprich Kleidung und Make-up von Dracula, Frankensteins Monster oder dem Wolfsmenschen, auch bestimmte Gesten waren geschützt. Der Name Frankenstein ist ein Synoym für den Horror schlechthin geworden, so dass viele Filme, die mit dem Thema nur marginal oder überhaupt nichts zu tun haben, Frankenstein im Titel führen.

Ein weiterer Archetyp, der in Frankenstein zum ersten Mal im Film auftritt, ist der des Mad Scientist, des verrückten Wissenschaftlers, dessen Forschungen jedes Maß vermissen lassen, der sich nach einem gelungenen Experiment den Göttern gleich fühlt, der aber dann die Geister, die er erschuf, nicht mehr los wird, die sich seiner Kontrolle entziehen und sich verselbstständigen. Dabei benutzt er moderne oder sogar leicht in die Zukunft reichende Wissenschaften, die seinen Zeitgenossen wie Zauberei erscheinen müssen.

Frankenstein zeigt und enthält die Ingredenzien für nachfolgende Horror- und Gruselfilme: Zerfallene Gemäuer, schwere Unwetter, missgestaltete Assistenten, einen von seinen Experimenten besessenen Wissenschaftler/Forscher, den väterlichen Ratgeber, eine schöne Frau, die sich um den Wissenschaftler sorgt, einen guten Freund (meist auch ein „guter“ Freund der jeweiligen Frau) und ein Monster, entstanden aus Experimenten jenseits der herrschenden Ethik- und Moralvorstellungen.

Auszeichnungen
Der Film wurde im Jahr 1991 in das National Film Registry aufgenommen.

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