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10. January 2007, 21:11   #2
Ben-99
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... es ist nicht nur für Berlin hochnotpeinlich, sondern auch für jeden Demokraten sehr traurig miterleben zu müssen, wie jämmerlich der in Kulturfragen schon immer besonders "kompetente" Bürgermeister Wowereit und andere Vertreter der Berliner Regierungsparteien derzeit mit aller Macht verhindern wollen, daß Wolf Biermann Ehrenbürger der deutschen Hauptstadt wird.

Mit den Artikeln des "Spiegel"-Autors und (ehemaligen) Angie-Fans Claus Christian Malzahn habe ich oft Probleme. Diesmal allerdings stimme ich ihm ohne Wenn und Aber zu:

Zitat:
Wolf Biermann gilt als der deutscheste aller deutschen Dichter (...) Biermanns Leben ist an diese deutschen Daten geheftet wie eine zweite Haut. Die Idee, ihm in der deutschen Hauptstadt die Ehrenbürgerwürde anzutragen, erscheint da nur logisch. Biermann hat in Berlin gelebt und gewirkt - nur Tucholsky und Brecht haben zuvor ähnlich große politpoetische Bugwellen an der Spree entfachen können.

(...)

Seit Monaten wird in den Reihen der Koalitionsparteien nach den absurdesten Argumenten gesucht, um Biermanns Ehrung zu verhindern.

(...)

In Wahrheit betreibt aber die SPD taktische Spielchen. Denn mit ihrer distanzierten Haltung will sie vor allem ihren Koalitionspartner schützen, der einen öffentlichen Auftritt Biermanns in Berlin anlässlich der Annahme der Ehrenbürgerschaft ungefähr so fürchtet wie weiland Honecker eine Rede von Bärbel Bohley auf dem Alexanderplatz.

(...)

Biermanns melancholische Verse über den Preußischen Ikarus, über die Zerrissenheit von Stadt, Land, Mensch gehören in jedes Schulbuch. Seine Überzeugungen liegen quer zu allen etablierten Programmen der Hauptstadt; schon deshalb kann er politisch gar nicht vereinnahmt werden. Aber der Unwille der amtierenden Regierungsparteien, Biermann zu ehren, adelt den 70-Jährigen auch. Die Stadt Düsseldorf brauchte fast 200 Jahre, bis die Universität den Namen des Düsseldorfers Heinrich Heine tragen konnte. Heines Urenkel im Geiste Biermann braucht die Ehrenbürgerwürde nicht. Berlin aber braucht Biermann, um sich seiner rasenden Geschichte bewusst zu werden. Seine Lieder, Gedichte und Balladen werden jedenfalls auch dann noch gelesen werden, wenn der rot-rote Senat in Berlin nur noch als Fußnote der Nachwendezeit auftaucht.

Und Klaus Wowereit? Hatte der nicht die Love-Parade erfunden?

Biermann und Berlin: Angst vor Ikarus
Gruß Ben