"Mens agitat molem" - Der Geist bewegt die Materie, heißt der Leitspruch der Führungsakademie der Bundeswehr, die am 12. Januar 1957 in Bad Ems gegründet wird. Im darauf folgenden Jahr verlegt sie ihren Sitz nach Hamburg. Bis heute gilt sie als Elite-Schmiede: Nur die Besten eines Jahrgangs von Offiziersanwärtern werden an die Elbe eingeladen, um an der "Ausbildung zum Generalstabsdienst" teilzunehmen - obwohl es in der Bundesrepublik nach den Erfahrungen im Kaiserreich und in der Nazi-Zeit gar keinen Generalstab mehr gibt. An den Lehrgängen der Führungsakademie nehmen von Anfang an auch Militärs aus anderen Ländern teil, zunächst ausschließlich aus Nato-Staaten, ab 1962 ebenfalls aus anderen Nationen. Mittlerweile sind 50 bis 60 Länder ständig vertreten. Lerninhalte sind neben Militärhandwerk wie Strategie, Organisation und Menschenführung auch geschichtliches Wissen. Ebenso wichtig seien menschliche Qualitäten, versichert der Kommandeur der Akademie, Generalmajor Wolf-Dieter Löser. Man wolle bewusst keine kalten Militärmanager ausbilden: "Führen heißt mehr als managen. Führen heißt zum einen, die Ziele setzen. Aber Führen heißt auch, mit seinem Verhalten ein persönliches Beispiel geben." Charakter sei eine wesentliche Eigenschaft, um führen zu können.
"Im entscheidenden Maße wird es auf die Menschen ankommen und auf den Geist, mit dem diese Menschen an ihre Aufgaben herangehen", hat Verteidigungsminister Theodor Blank (CDU) bereits bei der Gründung der Bundeswehr am 12. November 1955 erklärt. Zehn Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ist damals klar, dass dieser Geist nicht die blinde Treue und der unbedingte Gehorsam von Hitlers Wehrmacht sein kann. "Innere Führung" heißt das neue Konzept, das vom ehemaligen Wehrmachtsmajor Wolf Graf von Baudissin stammt, einem der Gründerväter der Bundeswehr. Das Konzept schlägt sich im Soldatengesetz nieder: "Ungehorsam liegt nicht vor, wenn ein Befehl nicht befolgt wird, der die Menschenwürde verletzt." Der "Staatsbürger in Uniform" ist das Leitbild, an dem sich die junge Bundeswehr orientieren soll. Historischer Vorläufer dafür ist der "Bürger im Soldatenrock" - eine Idee des preußischen Generals Gerhard von Scharnhorst. Nach seinem Motto "Bildung statt Adelstitel" hat er die Prügelstrafe abgeschafft und 1810 die Preußische Kriegsakademie gegründet, das Vorbild für die Führungsakademie der Bundeswehr.
Gegen die neuen Leitbilder gibt es lange Widerstand von so genannten Traditionalisten in der Bundeswehr. Noch Ende der 1960er Jahre beschwert sich Reformer General Graf Baudissin, dass sein Konzept der "Inneren Führung" massiv unterlaufen werde und Korpsgeist sich wieder breit mache. Immer wieder gibt es Vorfälle, die das Führungspersonal der Bundeswehr in ein schlechtes Licht rücken. 1997 wird bekannt, dass rund drei Jahre zuvor Manfred Roeder, vorbestrafte Symbolfigur deutscher Neonazis, auf Einladung der Führungsakademie vor Offizieren einen Vortrag in den Räumen der Hamburger Bildungsstätte gehalten hat. Auch wenn damals Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU) sofort disziplinarisch einschreitet, bleibt die Frage, ob die Werte, die in der Führungsakademie vermittelt werden sollen, auch in der Truppe ankommen. Wiederholt sind in den vergangenen Jahren Fotos von Soldaten in rechtsextremen Posen und Berichte über Misshandlungen von Untergebenen an die Öffentlichkeit gelangt. Bei solchen Vorkommnissen spricht die Bundeswehr regelmäßig von Ausnahmen. So auch bei den Bildern, die im Oktober 2006 auftauchen und deutsche Soldaten in Afghanistan mit Totenschädeln zeigen. "Das ist natürlich kein Versagen der Inneren Führung", sagt Akademie-Kommandeur Löser. "Ich bin sicher, dass das Einzelfälle sind, selbst wenn es einige Soldaten waren."
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