Schon ihr erster Auftritt im deutschen Kino fällt aus dem Rahmen. Im Melodram "Zu neuen Ufern" erscheint Zarah Leander 1937 als frivole, aber auch liebende Sängerin auf der Leinwand. Sie trägt ein tief ausgeschnittenes Kleid aus schwarzer Spitze. Das Verruchte, das so gar nicht zum nationalsozialistischen Frauenideal passt, hat Methode: Leander soll das Volk unterhalten, später auch vom Schrecken des Krieges ablenken. Fortan spielt die Diva ihre Rolle als exotisches Mischwesen aus männermordendem Vamp und treuer Geliebter in Filmen wie "Der Weg ins Freie" (1941) oder "Die große Liebe" (1942), in dem sie sich vom selbstsüchtigen Star zur Fliegergattin wandeln muss. "Davon geht die Welt nicht unter" ist einer ihrer Hits, während über Deutschland die Bomber der Alliierten kreisen.
Von der "Garbo der Operette" zur "Nazi-Diva"
Leander wird am 15. März 1907 als Sara Stina Hedberg im schwedischen Provinzstädtchen Karlstad geboren. Mit zwölf Jahren sieht sie mit Ibsens "Peer Gynt" ihr erstes Theaterstück - und beschließt nach eigener Aussage, Schauspielerin zu werden. Fünf Jahre später wird sie als "hübsch, aber total unbegabt" von der Schauspielschule abgelehnt. Auch beim Vorsingen in der Oper fällt sie durch. Mit eisernem Willen arbeitet Leander trotzdem weiter an ihrem Traum und beginnt 1929 mit einer Tournee in einer Revue durch Schweden. Nach ihrem Umzug nach Stockholm avanciert sie zur Revue-Primadonna und geht 1936 für ein musikalisches Lustspiel als gefeierter Star nach Wien.
Nachdem Marlene Dietrich sich hartnäckig weigert, nach Deutschland zurückzukehren, werden die Nationalsozialisten bei ihrer Suche nach einem Kinostar mit Hollywood-Format auf die "Garbo der Operette" aufmerksam. Konsequent wird Leander nun von der Propaganda zur vergötterten Primadonna des Dritten Reichs stilisiert. Wallende Gewänder verdecken ihre Problemzonen; Filmpartner wie Willy Birgel müssen auf Holzklötzen neben der hochgewachsenen Leander herstolpern.
1942 will die Ufa Leanders Gage nicht mehr in Devisen zahlen. Propagandaminister Joseph Goebbels drängt den Star zudem, endlich die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen. Die Diva weigert sich - und verlässt 1943 das bereits brennende Berlin, um endgültig auf ihr Gut nach Schweden zurückzukehren. In ihrer Heimat aber schlägt der "Nazi-Diva" unverhohlener Hass entgegen.
Trotzdem schafft Leander in den fünfziger Jahren ein Comeback, singt alte Ufa-Schlager, hat Musical-Erfolge und gibt Konzerte. Den rechten Zeitpunkt für einen Abtritt von der Bühne findet sie allerdings nicht. Am Ende tritt sie auf Tuntenbällen und bei Kaffeefahrten auf. Nach dem Tod ihres dritten Mannes durch einen Hirnschlag an den Rollstuhl gefesselt, stirbt sie 1981 in Stockholm.
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