Die kulturellen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei haben Tradition: Schon zur Zeit des osmanischen Reiches schicken deutsche Museen und Akademien Archäologen zu Ausgrabungen antiker Stätten, dann folgen Architekten und Naturwissenschaftler. Im Dritten Reich finden Künstler und Intellektuelle in der Türkei Schutz vor den Nationalsozialisten - unter ihnen der spätere Berliner Bürgermeister Ernst Reuter. Am 8. Mai 1957 schließlich unterzeichnen die beiden Länder bei einem Staatsbesuch von Bundespräsident Theodor Heuss ein Kulturabkommen - es ist das erste mit einem muslimisch geprägten Land. Der auf fünf Jahre angelegte Vertrag soll die Zusammenarbeit "auf geistigem, künstlerischem und wissenschaftlichem Gebiet" unterstützen. An Universitäten und Schulen sollen Sprache, Literatur und Geschichte des anderen Landes gepflegt werden. Es gehe darum, "das Verständnis für die Einrichtungen und das soziale Leben des anderen Landes im eigenen Land zu fördern".
Ein halbes Jahrhundert später zieht die türkische Politikwissenschaftlerin und Journalistin Cevahir Korkmaz, die beide Seiten kennt, eine kritische Bilanz: "Es fehlt an vielem." In Deutschland mangele es an türkischen Schulen, einer türkischen Universität und türkischen Kulturinstituten. In der Türkei fehle eine "niveauvolle deutsche Universität". Während die Bundesrepublik in der Türkei drei Goethe-Institute unterhält, gibt es hierzulande keine vergleichbare türkische Einrichtung. Aber es fehlen in der Bundesrepublik nicht nur staatliche Kulturinstitute der Türkei. Auch die Nachfrage nach türkischer Kultur halte sich hierzulande in Grenzen, sagt Journalistin Kormaz: "Die deutschen Staatsbürger haben mehr Interesse an der Landschaft der Türkei."
Die Außenminister der Türkei und Deutschlands wollen aber künftig den kulturellen Austausch zwischen den Ländern weiter intensivieren, geplant ist unter anderem eine deutsch-türkische Universität am Bosporus. Die Ernst-Reuter-Initiative will zusätzlich länderübergreifende Medienprojekte und den Jugendaustausch fördern, um Vorurteile abzubauen und Interesse an der anderen Kultur zu wecken. Insgesamt leben gut zweieinhalb Millionen Türken in Deutschland und rund 60.000 Deutsche in der Türkei.
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