Ein "ewiges Nichtwerdenkönnen" nennt der Schriftsteller Gottfried Keller Anfang 1870 den Entstehungsprozess der italienischen Nation. Einer Nation, die sich aus acht Teilstaaten zusammensetzt und 1.200 Jahre lang von Normannen und Staufern, Spaniern, Franzosen und Habsburgern beherrscht wurde. Die entscheidende Wende im Einigungsprozess markiert 1870 Frankreichs Niederlage in der Schlacht von Sedan. Kurz darauf verlassen die zum Schutz des Papstes eingesetzten französischen Truppen Rom, und italienische Soldaten besetzen auch das letzte Territorium des Kirchenstaates. Damit ist die Einigung Italiens erreicht, das so genannte "Risorgimento" abgeschlossen.
Unumstrittener, beinahe mythischer Held dieser Epoche des "Wiedererwachens" ist General Giuseppe Garibaldi. Schon als Jugendlicher hat sich der am 4. Juli 1807 in Nizza geborene "Che Guevara Italiens" einer Mission verschrieben: "Ich brannte darauf, mein Vaterland aus seiner schmerzlichen Lage zu befreien." Der Kampf beginnt mit einer Niederlage. 1834 wird ein Aufstand des Republikaners Giuseppe Mazzini niedergeschlagen. Dessen junger Mitstreiter Garibaldi flüchtet als Geächteter nach Südamerika, wo er 13 Jahre lang als Revolutionär für "Freiheit und Republik" kämpft.
Als 1847 ein revolutionärer Sturm durch Europas Staaten fegt, kehrt der auch in Südamerika zum Volkshelden aufgestiegene Kämpfer mit 63 Getreuen in seine Heimat zurück. Doch noch ist die Zeit nicht reif. Nach Anfangserfolgen der Freiheitskämpfer behält Österreich die Oberhand. Italiens nationale Einheit scheint entfernter als je zuvor. Garibaldi muss erneut fliehen, diesmal nach Nordamerika. Und erneut hält es den Patrioten nur kurz im Exil. Mit tausend Freiwilligen und ebenso vielen völlig veralteten Gewehren segelt Garibaldi im Mai 1860 Richtung Sizilien, um die Fremdherrscher endlich aus Italiens Süden zu vertreiben. Dieser "Zug der Tausend" wird Garibaldis Triumphzug und gehört bis heute zum Gründungsmythos der Nation.
Zehn weitere Jahre wogt der Freiheitskampf in Italien. Ideologisch wird er bestimmt vom Premierminister des Piemont, Camillo Benso Graf von Cavour. Doch es ist Giuseppe Garibaldis charismatische Wirkung auf die Massen, die die Kräfte des Risorgimento bis zum Erreichen der Freiheit anfeuert und eint. Die letzten Jahre seines Lebens verbringt der an Arthritis leidende Revolutionär auf der Insel Caprera, wo er am 2. Juni 1882 stirbt.
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