Im Keller des Justizpalastes von Palermo gibt es Anfang der 80er Jahre eine Tür, die nur mit einem Zahlencode zu öffnen ist. Dahinter, von allen Kollegen hermetisch abgeschottet, verfolgen zwei Untersuchungsrichter die Geldflüsse der Mafia. Giovanni Falcone und Paolo Borsellino schaffen, was bis dahin unmöglich schien: Sie dringen bis zum inneren Führungszirkel der Organisation vor und bringen mehr als 400 Mafiosi auf die Anklagebank. Falcone und Borsellino kennen sich aus in der einstmals "Ehrenwerten Gesellschaft". Beide stammen aus Palermo, sind seit Kindertagen befreundet, sind aufgewachsen im Milieu derjenigen, die sie verfolgen.
Immer prominentere Namen tauchen in den Untersuchungsberichten von Falcone und Borsellino auf. Politiker wie Guilio Andreotti, Unternehmer wie Silvio Berlusconi und Mafiosi wie der "Boss der Bosse", Toto Riina - "Intoccabili" - Männer, die bislang als unantastbar galten. Im Frühjahr 1992 werden die beiden Ermittler jedoch brutal gestoppt.
Am 23. Mai 1992 fallen Giovanni Falcone, seine Frau und drei Leibwächter einem Anschlag zum Opfer. Nur knapp zwei Monate später, am Sonntag, dem 19. Juli, hält der gepanzerte Wagen von Paolo Borsellino in Palermo vor dem Haus der Via D'Amelio 21. Um 17.18 Uhr steigt der Richter aus und läutet an der Wohnung seiner Mutter. In diesem Moment zerreißt eine ferngezündete 50-Kilo-Bombe, versteckt in einem alten Fiat 600, die sonntägliche Ruhe. Als sich der Rauch verzieht, gleicht die auf 200 Meter aufgerissene Straße einem Kriegsschauplatz. Der 52-jährige Borsellino, seine fünf Bodyguards und eine Anwohnerin wurden förmlich zerfetzt.
Gegen immense Widerstände, auch aus den Reihen von Justiz und Politik, hatten die beiden Richter das System der Mafia zunehmend aus den Angeln gehoben. Über die Gefahren waren sie sich bewusst. "Wir sind Tote, die noch leben", erklärt Paolo Borsellino noch kurz vor seinem Tod in einem Fernseh-Interview. Was die beiden mutigen Ermittler herausgefunden haben, bleibt ein Geheimnis. Unmittelbar nach den Morden werden die Festplatten ihrer Computer im Justizpalast gelöscht. Toto Riina wird 1993 verhaftet und als Auftraggeber der Anschläge verurteilt. Den Medienmogul Berlusconi wählen die Italiener 1994 an die Macht. Seine ersten Amtshandlungen gleichen Geschenken an die Mafia: Das Zeugenschutzprogramm wird heruntergefahren, die Zusammenarbeit mit ausländischen Ermittlern erschwert, und Schwarzgeld kann wieder anonym, gegen eine geringe Steuer, nach Italien eingeführt werden.
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