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21. October 2007, 13:55   #6
tw_24
 
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Nun, dann verlassen wir eben die offenbar unwichtigen "Nebenschauplätze", zumal Taxi-Fahrer, die sich, wenn sie Blinden die Beförderung verweigern, auf den Islam berufen, ja nur Opfer einer Fehlinterpretation sind, die indes häufiger vorzukommen scheint als, nun ja, 'Richtigstellungen'. Ähnlich ist das mit besonders explosiven "Palästinensern", die in ihren Videos stolz, lang und breit erklären, daß es ihnen um den Dienst an Allah geht - es findet sich dennoch immer jemand, der etwas von Verzweiflung faselt, Gefängnis und wirtschaftlicher Not. Das eingemauerte West-Berlin hatte eine höhere Bevölkerungsdichte als Gaza, in die Zone flogen dennoch keine Kassams.

Der Vorredner meint erwähnen zu müssen, seine Heldin sei Jüdin, was ihm peinlich sein sollte, denn gerade dadurch macht er sie zur Alibi-Jüdin, scheint trotz gegenteiliger Ansage also doch nicht recht überzeugt von dem zu sein, was sie von sich gibt. Auch das natürlich ein "Nebenschauplatz", aber wenn es in der Hauptsache Defizite gibt, auf die noch zu kommen ist, erzählt man lieber etwas von einer ominösen "Antisemitismus-Keule", das hat in Deutschland Tradition. Die Blätter, ein ganz gewiß nicht empfehlenswertes Monatsmagazin, ließen es sich nicht nehmen, im Juli auf Naomi Wolfs grundlegenden Fehler hinzuweisen, nämlich "der gerade für deutsche Leserinnen und Leser irritierend weiten Verwendung des Faschismusbegriffs", um ihren schwachen Text dann aber doch zu drucken.

Redet Naomi Klein mithin von "Faschismus", bescheinigt ihr ein Verein, der sich "D. Red." nennt, weiß sie nicht, wovon sie spricht. Weil es aber in manchen Kreisen hip ist, in den USA Faschismus auszumachen, scheint man ihr dennoch zu glauben, auch wenn sie ihre Betrachtungen mit Thailand beginnt. Dort fand "ein Militärputsch statt. Die Putschisten gingen auf eine so systematische Weise vor, dass man den Eindruck bekommen konnte, sie arbeiteten dabei eine Liste ab. In gewissem Sinne taten sie das auch. Innerhalb weniger Tage wurde die Demokratie abgeschafft". Und eingeführt, was sie "Faschismus" nennt. Die USA sind indes, man glaubt es kaum, gar nicht Thailand, und ob dort nun Faschisten regieren, muß noch geklärt werden.

Die "Feministin" Naomi Klein, die lustigerweise auch als Abtreibungsgegnerin auf sich aufmerksam machte, bastelt folgend einen Masterplan zusammen, den George W. Bush, meint sie, abarbeitet. "So schwer vorstellbar es auch erscheinen mag - wer bereit ist, genau hinzusehen, wird feststellen, dass die Regierung der Vereinigten Staaten unter George W. Bush jeden dieser zehn Schritte bereits eingeleitet hat." Wie in der Wahrnehmung ihrer Gegner übrigens ungefähr jede US-Administration seit, sagen wir mal, 1944, schon 1935 erschien Sinclair Lewis' It can't happen here, eine Novelle, in der ein Buzz Windrip den George W. Bush zu geben scheint. Originell ist Naomi Wolf jedenfalls schon mal nicht.

"Erstens: Erschaffe einen furchteinflößenden Feind im In- und Ausland" - daran, daß am 11. September 2001 der Islam, vertreten durch Osama bin-Laden und ein paar Anhänger, dem Westen mit seinen Werten den Krieg erklärte, zweifeln nur verzweifelte Verschwörungstheoretiker. Diesen Feind mußte George W. Bush nicht erschaffen, und daß er alles andere ist als Einbildung, belegen zahlreiche Anschläge auch in EUropa, aber ebenfalls die schon erwähnten Taxi-Jihadisten oder jüngst ein bedauernswerter deutsch-iranischer National-Fußballer, der, um die Mullahs in Teheran nicht zu verärgern, sich weigerte, in Israel den Zionisten zu zeigen, was er kann, und, vermutlich, noch nie einen Tropfen Alkohol genoß.

George W. Bush schätzt den Islam. "Islam is Peace", orgelte er sogar, Naomi Wolf hingegen glaubt dies entdeckt zu haben: "Man sagte uns, wir befänden uns nun gewissermaßen im 'Kriegszustand', nämlich in einem 'globalen Krieg' gegen ein 'globales Kalifat', das vorhabe, 'die Zivilisation zu vernichten'." Es hat letzteres durchaus vor, doch gehört George W. Bush gerade nicht zu jenen, die diese Gefahr nicht nur sehen, "Islam is Peace" lautet sein Motto. Leider. Welchen "furchteinflößenden Feind" erschafft er also? Fidel Castro?

"Zweitens: Errichte ein System von Lagern". "Wenn alle richtig Angst haben, ist der nächste Schritt die Schaffung eines Gefängnissystems außerhalb der Rechtsstaatlichkeit (oder mit einer Formulierung Bushs, der das amerikanische Straflager in Guantánamo Bay in einem rechtlichen 'Vakuum' angesiedelt wissen wollte) - wo gefoltert wird." Gitmo ist ein denkbar schlechtes Beispiel. Wohl kaum ein Gefängnis wird häufiger vom Roten Kreuz und anderen visitiert als Gitmo, kürzlich wurde es sogar von Human Rights Watch nachgerade lobend erwähnt:
Zitat:
"Eine US-Bundesrichterin in Washington hat die Auslieferung eines Häftlings aus dem Gefangenenlager Guantanamo in dessen Heimatland Tunesien gestoppt, da ihm dort Folter droht. Der gestern bekannt gewordene Gerichtsentscheid gilt als juristischer Meilenstein bei der Behandlung der Insassen von Guantanamo. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach von einer wegweisenden Entscheidung."
"Faschismus" in den USA wegen Gitmo? Womit haben wir es dann erst mit dem Touristen-Hit Tunesien zu tun?

"Drittens: Bilde Schlägertrupps". Bushs Braunhemden marschierten, glaubt Naomi Wolf, schon auf, allerdings vor dem 11. September 2001: "Gruppen aufgebrachter junger Mitglieder der Republikanischen Partei, mit identischen Hemden und Hosen bekleidet, bedrohten während der Wahlen 2000 die Wählerinnen und Wähler in Florida." Mag sein. Jedenfalls wurde von ihnen nichts mehr gehört. Dafür aber laufen beispielsweise in London, und wahrlich nicht nur da, "Pinguine" herum mit Schildchen, die den "Real Holocaust" ankündigen. Und wer so frech ist, sich solchen "Demonstrationen" etwa mit der israelischen Fahne zu nähern, wird - in Deutschland, wo sonst? - nicht nur zusammengeschlagen, sondern gegen den wird auch noch ermittelt. "Islam is Peace", indeed.

"Viertens: Richte ein internes Überwachungssystem ein". Hierzu entdeckt Naomi Wolf die Zone und China, während sie aus den USA nur (inhaltlichen) Nonsense zu berichten weiß:
Zitat:
"Als James Risen und Eric Lichtblau 2005 und 2006 in der 'New York Times' über einen geheimen staatlichen Plan schrieben, in dem es darum ging, die Telefone der Bürger abzuhören, ihre E-Mails zu lesen und ihre internationalen Geldüberweisungen zu verfolgen, wurde auch normalen Amerikanern bewusst, dass auch sie ins prüfende Visier des Staates geraten konnten."
Und als es regnete, ging sogar dem letzten Hinterwälder auf, daß ein Regenschirm eine Daseinsberechtigung hat. In den Staaten sind Meldepflicht und Personalausweise unbekannt, sollten sie eingeführt werden, aber eben erst dann, wäre vielleicht über Faschismus zu reden.

"Fünftens: Schikaniere Bürgerinitiativen". USAid bezahlt "Palästinensern" Straßen, die die nach "Märtyrern" benennen. Deutlicher kann die Schikanierung von NGOs kaum sein.

"Sechstens: Verhafte und entlasse willkürlich". Gitmo ist, wie Human Rights Watch bestätigt, manchmal doch keine ganz schlechte Wahl, rechtlos sind die Insassen, wie gezeigt, auch nicht. Und all die, die dennoch 'verschwinden', tun dies ja doch noch besser in den USA als beispielsweise in Syrien. Da nämlich gibt es NGOs und muntere Medien, die derlei skandalisieren, während dort tatsächlich verschwindet, wer 'verschwindet'.

"Siebtens: Nehme Schlüsselpersonen ins Visier". "Beamten, Künstlern und Akademikern wird mit Jobverlust gedroht, wenn sie sich nicht linientreu verhalten." Naomi Wolf findet für diese These trotzt offensichtlich heftiger Bemühungen keinen Beleg. George W. Bush hat ihren Leitfaden, veröffentlich im Frühjahr, bisher offenbar noch nicht gelesen.

"Achtens: Kontrolliere die Presse". Hmmm, was sollte man dazu sprechen? FOX, HBO, NY Times, Washington Post, The Nation, Weekly Standard. Wer ausgerechnet in den USA eine "kontrollierte Presse" wittert, heißt Marcel Bartels und/oder ist irre.

"Neuntens: Dissidenz ist Landesverrat". "Stelle abweichende Meinungen als Verrat und Kritik als Spionage dar." Naomi Wolf erinnert an das Moskau der Stalin-Ära. Auch hier also scheint George W. Bush noch einiges nachholen zu müssen, belastbare Fakten, die gegen ihn sprechen, hat Naomi Wolf nicht zu bieten.

"Zehntens: Schaffe den Rechtsstaat ab". Wie schon in den Anmerkungen zu Gitmo dargelegt herrscht in den USA mehr Recht als ein überzeugter Faschist sich bieten lassen sollte. George W. Bush hat bald zwei Amtszeiten mit diesem Recht leben können. Daß er den Rechtsstaat abschaffen will, ist eine Imagination seiner Gegner.

(Naomi Wolf: Ein faschistisches Amerika, in zehn einfachen Schritten, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 07/2007, S. 803-815)

MfG
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