Nun, dann verlassen wir eben die offenbar unwichtigen
"Nebenschauplätze", zumal
Taxi-Fahrer, die sich, wenn sie
Blinden die Beförderung verweigern, auf den
Islam berufen, ja nur Opfer einer
Fehlinterpretation sind, die indes
häufiger vorzukommen scheint als, nun ja,
'Richtigstellungen'. Ähnlich ist das mit besonders
explosiven "Palästinensern", die in ihren
Videos stolz, lang und breit erklären, daß es ihnen um den Dienst an
Allah geht - es findet sich dennoch immer jemand, der etwas von
Verzweiflung faselt,
Gefängnis und wirtschaftlicher Not. Das eingemauerte
West-Berlin hatte eine höhere
Bevölkerungsdichte als
Gaza, in die
Zone flogen dennoch keine
Kassams.
Der
Vorredner meint erwähnen zu müssen, seine Heldin sei
Jüdin, was ihm peinlich sein sollte, denn gerade dadurch macht er sie zur
Alibi-Jüdin, scheint trotz gegenteiliger Ansage also doch nicht recht überzeugt von dem zu sein, was sie von sich gibt. Auch das natürlich ein
"Nebenschauplatz", aber wenn es in der
Hauptsache Defizite gibt, auf die noch zu kommen ist, erzählt man lieber etwas von einer ominösen
"Antisemitismus-Keule", das hat in
Deutschland Tradition. Die
Blätter, ein ganz gewiß nicht empfehlenswertes Monatsmagazin, ließen es sich nicht nehmen, im
Juli auf
Naomi Wolfs grundlegenden Fehler hinzuweisen, nämlich
"der gerade für deutsche Leserinnen und Leser irritierend weiten Verwendung des Faschismusbegriffs", um ihren schwachen Text dann aber doch zu drucken.
Redet
Naomi Klein mithin von
"Faschismus", bescheinigt ihr ein Verein, der sich
"D. Red." nennt, weiß sie nicht, wovon sie spricht. Weil es aber in manchen Kreisen
hip ist, in den
USA Faschismus auszumachen, scheint man ihr dennoch zu glauben, auch wenn sie ihre Betrachtungen mit
Thailand beginnt. Dort fand
"ein Militärputsch statt. Die Putschisten gingen auf eine so systematische Weise vor, dass man den Eindruck bekommen konnte, sie arbeiteten dabei eine Liste ab. In gewissem Sinne taten sie das auch. Innerhalb weniger Tage wurde die Demokratie abgeschafft". Und eingeführt, was sie
"Faschismus" nennt. Die
USA sind indes, man glaubt es kaum, gar nicht
Thailand, und ob dort nun
Faschisten regieren, muß noch geklärt werden.
Die
"Feministin" Naomi Klein, die lustigerweise auch als
Abtreibungsgegnerin auf sich aufmerksam machte, bastelt folgend einen
Masterplan zusammen, den
George W. Bush, meint sie, abarbeitet.
"So schwer vorstellbar es auch erscheinen mag - wer bereit ist, genau hinzusehen, wird feststellen, dass die Regierung der Vereinigten Staaten unter George W. Bush jeden dieser zehn Schritte bereits eingeleitet hat." Wie in der Wahrnehmung ihrer Gegner übrigens ungefähr jede
US-Administration seit, sagen wir mal,
1944, schon
1935 erschien
Sinclair Lewis' It can't happen here, eine Novelle, in der ein
Buzz Windrip den
George W. Bush zu geben scheint.
Originell ist
Naomi Wolf jedenfalls schon mal nicht.
"Erstens: Erschaffe einen furchteinflößenden Feind im In- und Ausland" - daran, daß am
11. September 2001 der
Islam, vertreten durch
Osama bin-Laden und ein paar Anhänger, dem
Westen mit seinen
Werten den Krieg erklärte, zweifeln nur verzweifelte Verschwörungstheoretiker. Diesen
Feind mußte
George W. Bush nicht erschaffen, und daß er alles andere ist als
Einbildung, belegen zahlreiche Anschläge auch in
EUropa, aber ebenfalls die schon erwähnten
Taxi-Jihadisten oder jüngst ein bedauernswerter
deutsch-iranischer National-Fußballer, der, um die
Mullahs in
Teheran nicht zu verärgern, sich weigerte, in
Israel den
Zionisten zu zeigen, was er kann, und, vermutlich, noch nie einen Tropfen
Alkohol genoß.
George W. Bush schätzt den
Islam.
"Islam is Peace", orgelte er sogar,
Naomi Wolf hingegen glaubt dies entdeckt zu haben:
"Man sagte uns, wir befänden uns nun gewissermaßen im 'Kriegszustand', nämlich in einem 'globalen Krieg' gegen ein 'globales Kalifat', das vorhabe, 'die Zivilisation zu vernichten'." Es hat letzteres durchaus vor, doch gehört
George W. Bush gerade
nicht zu jenen, die diese Gefahr nicht nur sehen,
"Islam is Peace" lautet sein Motto. Leider. Welchen
"furchteinflößenden Feind" erschafft er also?
Fidel Castro?
"Zweitens: Errichte ein System von Lagern".
"Wenn alle richtig Angst haben, ist der nächste Schritt die Schaffung eines Gefängnissystems außerhalb der Rechtsstaatlichkeit (oder mit einer Formulierung Bushs, der das amerikanische Straflager in Guantánamo Bay in einem rechtlichen 'Vakuum' angesiedelt wissen wollte) - wo gefoltert wird." Gitmo ist ein denkbar schlechtes
Beispiel. Wohl kaum ein Gefängnis wird häufiger vom
Roten Kreuz und anderen visitiert als
Gitmo, kürzlich wurde es sogar von
Human Rights Watch nachgerade lobend
erwähnt:
Zitat:
"Eine US-Bundesrichterin in Washington hat die Auslieferung eines Häftlings aus dem Gefangenenlager Guantanamo in dessen Heimatland Tunesien gestoppt, da ihm dort Folter droht. Der gestern bekannt gewordene Gerichtsentscheid gilt als juristischer Meilenstein bei der Behandlung der Insassen von Guantanamo. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach von einer wegweisenden Entscheidung."
|
"Faschismus" in den
USA wegen
Gitmo? Womit haben wir es dann erst mit dem
Touristen-Hit Tunesien zu tun?
"Drittens: Bilde Schlägertrupps".
Bushs Braunhemden marschierten, glaubt
Naomi Wolf, schon auf, allerdings vor dem
11. September 2001:
"Gruppen aufgebrachter junger Mitglieder der Republikanischen Partei, mit identischen Hemden und Hosen bekleidet, bedrohten während der Wahlen 2000 die Wählerinnen und Wähler in Florida." Mag sein. Jedenfalls wurde von ihnen nichts mehr gehört. Dafür aber laufen beispielsweise in
London, und wahrlich nicht nur da,
"Pinguine" herum mit
Schildchen, die den
"Real Holocaust" ankündigen. Und wer so frech ist, sich solchen
"Demonstrationen" etwa mit der
israelischen Fahne zu nähern, wird - in
Deutschland, wo sonst? - nicht nur
zusammengeschlagen, sondern gegen den wird auch noch
ermittelt.
"Islam is Peace",
indeed.
"Viertens: Richte ein internes Überwachungssystem ein". Hierzu entdeckt
Naomi Wolf die
Zone und
China, während sie aus den
USA nur (inhaltlichen)
Nonsense zu berichten weiß:
Zitat:
"Als James Risen und Eric Lichtblau 2005 und 2006 in der 'New York Times' über einen geheimen staatlichen Plan schrieben, in dem es darum ging, die Telefone der Bürger abzuhören, ihre E-Mails zu lesen und ihre internationalen Geldüberweisungen zu verfolgen, wurde auch normalen Amerikanern bewusst, dass auch sie ins prüfende Visier des Staates geraten konnten."
|
Und als es regnete, ging sogar dem letzten Hinterwälder auf, daß ein
Regenschirm eine Daseinsberechtigung hat. In den
Staaten sind
Meldepflicht und
Personalausweise unbekannt, sollten sie eingeführt werden, aber eben erst dann, wäre vielleicht über
Faschismus zu reden.
"Fünftens: Schikaniere Bürgerinitiativen".
USAid bezahlt
"Palästinensern" Straßen, die die nach
"Märtyrern" benennen. Deutlicher kann die Schikanierung von
NGOs kaum sein.
"Sechstens: Verhafte und entlasse willkürlich".
Gitmo ist, wie
Human Rights Watch bestätigt, manchmal doch keine ganz schlechte Wahl,
rechtlos sind die Insassen, wie gezeigt, auch nicht. Und all die, die dennoch
'verschwinden', tun dies ja doch noch besser in den
USA als beispielsweise in
Syrien. Da nämlich gibt es
NGOs und muntere
Medien, die derlei
skandalisieren, während dort tatsächlich
verschwindet, wer
'verschwindet'.
"Siebtens: Nehme Schlüsselpersonen ins Visier".
"Beamten, Künstlern und Akademikern wird mit Jobverlust gedroht, wenn sie sich nicht linientreu verhalten." Naomi Wolf findet für diese These trotzt offensichtlich heftiger Bemühungen keinen Beleg.
George W. Bush hat ihren Leitfaden, veröffentlich im
Frühjahr, bisher offenbar noch nicht gelesen.
"Achtens: Kontrolliere die Presse". Hmmm, was sollte man dazu sprechen?
FOX,
HBO,
NY Times,
Washington Post,
The Nation,
Weekly Standard. Wer ausgerechnet in den
USA eine
"kontrollierte Presse" wittert, heißt
Marcel Bartels und/oder ist irre.
"Neuntens: Dissidenz ist Landesverrat".
"Stelle abweichende Meinungen als Verrat und Kritik als Spionage dar." Naomi Wolf erinnert an das
Moskau der
Stalin-Ära. Auch hier also scheint
George W. Bush noch einiges nachholen zu müssen, belastbare Fakten, die gegen ihn sprechen, hat
Naomi Wolf nicht zu bieten.
"Zehntens: Schaffe den Rechtsstaat ab". Wie schon in den Anmerkungen zu
Gitmo dargelegt herrscht in den
USA mehr
Recht als ein überzeugter
Faschist sich bieten lassen sollte.
George W. Bush hat bald zwei Amtszeiten mit diesem
Recht leben können. Daß er den
Rechtsstaat abschaffen will, ist eine
Imagination seiner Gegner.
(Naomi Wolf: Ein faschistisches Amerika, in zehn einfachen Schritten, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 07/2007, S. 803-815)
MfG
tw_24