Zitat:
Zitat von Ben-99
... Du greifst mal wieder zu merkwürdigen Vergleichen.
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Es ging mir schlicht um das Verhältnis zwischen dem
Ausgangsmaterial, das bei einem (mehrstündigen)
Interview anfällt, und jenem Inhalt, den dann ein
Leser vorgesetzt bekommt.
Vanity Fair machte
online das ganze
Interview zugänglich,
Der SPIEGEL verzichtete auf diesen
Service.
Vanity Fair und
Michel Friedman wußten vorher nicht, daß das
Interview so laufen würde, wie es dann lief.
"Wir ahnten, dass es kein einfaches Gespräch werden würde [..]. Aber ein zweistündiges Wortgefecht hatten wir nicht erwartet." Was sollten sie nun mit dem Material anstellen? Es vergessen?
Geplant war ein
Gespräch über den
Deutschen Herbst, geworden ist es durchaus eine Auseinandersetzung über ein wenig mehr, ist die Sache ja auch kein
Mißerfolg; neun dreispaltige Seiten - das Heft hat insgesamt 156 - lang erfährt der Leser, wie
Horst Mahler tickt, und wer halbwegs bei Verstand ist, begreift spätestens nach der Lektüre, daß von dem Mann, der lustigerweise
Gerhard Schröder einst seine Wiederzulassung als
Anwalt verdankt, so
irre auch seine Gedanken sein mögen, durchaus eine Gefahr ausgehen kann, weil er ja doch ein paar
Anhänger hat.
Ich halte es für falsch,
Michel Friedman zu unterstellen, er
kokettiere im
Interview damit, daß er
Jude ist.
Horst Mahler ist es doch, der die große
jüdische Weltverschwörung, deren Teil
Michel Friedman ja mal gewesen sein könnte oder vielleicht sogar noch ist, ins Gespräch bringt. Sollte man da nicht nachfragen? In
Deutschland erschien doch jüngst auch unter großem
Jubel das in
Eingeborenen-Sprech übersetzte
Machwerk The Israel Lobby and U.S. Foreign Policy im
Campus-Verlag - das deutet zumindest auch darauf hin, daß das Thema nicht ganz, hm,
unpopulär ist. Warum also nicht auch mal
Horst Mahler darüber plaudern lassen?
Und während das Buch von
Mearsheimer/Walt für sich nun so steht, wie es gedruckt wurde, gelingt es
Michel Friedman, wie ich finde, im
Interview tatsächlich recht gut,
Horst Mahler "zu demaskieren", wie
Vanity Fair meint (Hat der sich jemals maskiert?), jedenfalls vorzuführen. Und das ist nun wieder eben nur in der
Interaktion möglich, durch (vielleicht unvorhersehbare) Zwischenfragen, die ja manchmal ein in sich möglicherweise stimmiges
Theoriengebäude zum Einsturz bringen können. Das wiederum mag nicht mit zwei, drei Fragen gelingen, sondern könnte ein paar Seiten in Anspruch nehmen.
Mit dem Schinken von
Mearsheimer & Walt dagegen haben und werden sich viele Artikel da und hier auseinandersetzen, doch das Buch wird noch immer im Regal stehen, wenn etwa die
The New Republic, in der es als
antisemitisches Hetzwerk enttarnt wurde,
recycled ist.
Rede &
Gegenrede wie im
Interview finden auf diese Weise freilich ohnehin nicht statt, das
Publikum wird ganz anders mit den Positionen konfrontiert und dürfte auch schnell das Interesse verlieren, wenn sich eine
Debatte über Wochen & Monate hinzieht und in verschiedensten
Publikationen stattfindet.
Da ist doch ein
Interview, auch wenn es dreißg Seiten umfassen mag, das in dieser Form zumal so nicht geplant war, schöner ;-). Und, wie gesagt, die eine oder andere Erkenntnis über die
RAF bietet es ja ...
MfG
tw_24