Der Vatikan setzt ihr rund tausend Seiten starkes Hauptwerk "Das andere Geschlecht" auf den Index: Simone de Beauvoirs Ansichten über Mutterschaft, Sexualität und Abtreibung sorgen für Empörung. Dennoch: Als ihr Buch 1949 erscheint, werden in der ersten Woche 22.000 Exemplare verkauft. Der Kernsatz darin lautet: "Man kommt nicht als Frau zur Welt, sondern wird dazu gemacht."De Beauvoir kritisiert die Geschlechterrollen und fordert Gleichberechtigung. Sie bestreitet, dass die Rolle der Frau in der Männer beherrschten bürgerlichen Gesellschaft Natur gegeben ist. In den 70er Jahren wird das Buch der Philosophin schließlich zu einer Art Manifest der Frauenbewegung.
Geboren wird Simone de Beauvoir am 9. Januar 1908 in Paris. Sie ist die Tochter eines Anwalts und einer Bibliothekarin. An der Sorbonne studiert sie Philosophie, Literatur und Mathematik. Während ihres Studiums lernt sie Jean-Paul Sartre kennen, den Hauptvertreter des französischen Existenzialismus. Die beiden werden ein Paar und schließen 1929 einen Pakt fürs Leben: In ihrer offenen Zweierbeziehung sind "Nebenlieben" erlaubt. Ein Paarmodell, das seinen Preis hat. Als sich de Beauvoir Ende der 40er Jahre in den amerikanischen Autor Nelson Algren verliebt, schreibt sie ihm: "Für Sie könnte ich auf das Meiste verzichten. Ich wäre jedoch nicht die Simone, die Ihnen gefällt, wenn ich auf mein Leben mit Sartre verzichten könnte."
De Beauvoir ist die jüngste Absolventin des philosophischen Staatsexamens und hinter Sartre die beste - er war allerdings auch schon einmal durchgefallen. Sie hat hohe Ansprüche: "Ich will alles vom Leben haben, eine Frau und ein Mann sein, viele Freunde haben und die Einsamkeit, ernorm viel arbeiten, gute Bücher schreiben, aber auch reisen, mich amüsieren, egoistisch und großzügig sein." Schon mit 15 Jahren weiß sie, dass sie einmal Schriftstellerin werden will. Ihr Traum wird wahr: Sie schreibt 26 Bücher - Romane, Korrespondenzen, Essays, Memoiren, Theaterstücke - mit Titeln wie "Sie kam und blieb" (1943), "Die Mandarins von Paris" (1954), "Memoiren einer Tochter aus gutem Haus" (1958), "Ein sanfter Tod" (1964), "Alles in allem" (1972). In ihren autobiographischen Schriften legt de Beauvoir schonungslos ihr Leben offen: "Ich habe versucht, so viel wie möglich aus meiner eigenen Erfahrung mitzuteilen, damit es anderen nützen kann." Sie stirbt am 14. April 1986 in Paris - sechs Jahre nach Sartre.
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