Wer Mitte des 19. Jahrhunderts in der Millionenstadt London von einem Ort zum anderen muss, hat es nicht leicht. Kutschen verstopfen die Haupt- und Nebenstraßen, immer wieder bleibt der Verkehr im Chaos stecken. 1850 kann eine Fahrt durch die Stadt schon einmal länger als ins 80 Kilometer entfernte Brighton dauern. Der Rat der Stadt beschließt, auf ein neues Pferd, der Bahn zu setzen, und einen Gutteil des Verkehrs unter den Asphalt zu verlegen. Befürchtungen, dass ein unterirdisches Tunnelsystem die Stadt zum Einsturz bringen würde, werden zerschlagen. Der Ingenieur Charles Pearson erhält den Auftrag, die "Metropolitain Railway" in Gang zu setzen. Als Antrieb setzt man auf eine mit Kohle betriebenen Lokomotive. Rohrsysteme sollen den Dampf speichern, bis die Züge wieder oberirdisch fahren.
Drei Jahre lang gräbt sich Pearson mit 2.000 Arbeitern durch die Erde; viele davon finden im einbrechenden Erdreich ihr Grab. Die langen Hohlzylinder, die beim Graben zum Einsatz kommen, geben der "Tube" später den Namen. Am 10. Januar 1863 um sechs Uhr morgens wird die erste unterirdische Eisenbahn in London eröffnet. Sechs Kilometer ist die Strecke lang, der Zug verkehrt zwischen Paddington und Farrindon. Tausende sind auf den Beinen, um auf die unterirdische Schiene gesetzt mit 50 Kilometern pro Stunde beschleunigt zu werden. 40.000 Fahrgäste sind es allein am ersten Tag. Viele müssen husten, denn die Rohrsysteme versagen. Im Tunnel riecht es schwefelig wie sonst nur in der Unterwelt. Trotzdem empfiehlt die Eisenbahngesellschaft die U-Bahn gerade für Menschen mit Atemwegsbeschwerden.
Heute werden die 274 Londoner Stationen morgens von rund 500 Zügen angesteuert. Alle zwei Minuten kommt ein Zug. 500.000 Passagiere drängen sich dann im Untergrund. 2,8 Millionen sind es jeden Tag. Für den Manager der London Underground, Philipp O'Hare, ist die U-Bahn die Lebensader, der Puls der Stadt. "Ohne die U-Bahn würde London stillstehen".
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