Vom Krieg ist 1922 in Deutschland nichts mehr zu sehen. Städte und Industrieanlagen sind unzerstört geblieben, die Schlote qualmen, der Export boomt. In Frankreich und Belgien dagegen bietet sich ein völlig anderes Bild. Weite Landstriche sind verwüstet, etliche Städte liegen in Schutt und Asche. Zwar hat Deutschland im Versailler Vertrag die Alleinschuld am Krieg übernehmen und Entschädigungen in Höhe von 132 Milliarden Goldmark akzeptieren müssen. Doch die Reichsregierung betreibt seither in der Reparationsfrage eine Hinhaltetaktik, die Frankreich nahe an den Rand des Ruins bringt. So wächst jenseits des Rheins die Angst vor dem zwar besiegten, wirtschaftlich aber übermächtigen Nachbarn.
Als sich Deutschland dann auch noch im Vertrag von Rapallo mit dem kommunistischen Russland verbündet, ist für Frankreichs Ministerpräsident Raymond Poincaré das Maß voll. Zur Sicherung der Reparationsansprüche beschließt er, das industrielle Herz Deutschlands, das Ruhrgebiet, unter französische Kontrolle zu bringen. Die Rechtfertigung für eine derartige Aktion liefert die Reichsregierung, als man Anfang 1923 kurzfristig mit den Lieferungen von Koks und Telegrafenmasten in Rückstand gerät. Umgehend setzen sich im entmilitarisierten Rheinland 90.000 französische und belgische Soldaten in Marsch und beginnen am 11. Januar 1923 die Besetzung des Ruhrgebiets bis nach Dortmund. Überall schlägt dem verhassten "Franzmann", den "Plünderern" eine Welle patriotischer Empörung entgegen. Weil bewaffneter Widerstand undenkbar ist, ruft die Reichsregierung zum passiven Widerstand auf, der den Besatzern anfangs schwer zu schaffen macht. Kanalschiffe und Kohlenzüge fuhren nicht mehr.
Kurzzeitig droht der Ruhrkampf zu eskalieren. Als eine französische Abteilung am Karsamstag bei Krupp in Essen Lastwagen beschlagnahmen will, kommt es zu Tumulten. Die bedrängten Soldaten schießen in die Menge und töten 13 Arbeiter. Kurz darauf wird der bekannte Freikorps-Kämpfer und Saboteur Albert Leo Schlageter verhaftet, zum Tode verurteilt und in Düsseldorf hingerichtet. Trotz aller Widerstände und Sabotageaktionen gelingt es den Franzosen aber bald, das Ruhrgebiet unter ihre Kontrolle zu bekommen. Doch je länger die Besetzung dauert, umso mehr erkennen beide Seiten, dass ohne Verständigung keine Lösung des Konflikts möglich ist. Unter dem Druck einer stetig steigenden Inflation kapituliert die Reichsregierung im Ruhrkampf. Und auch die Franzosen merken, dass sich die Besatzung wirtschaftlich nicht lohnt. Dank der nun von Gustav Stresemann und Aristide Briand eingeschlagenen Versöhnungspolitik zieht Frankreich Mitte 1925 alle Truppen aus dem Ruhrgebiet zurück.
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