Seit acht Jahren wühlt sich Howard Carter im Tal der Könige durch Berge aus Schutt und Geröll. Von 1.500 bis etwa 1.000 vor Christus haben die Ägypter dort ihre Pharaonen bestattet. Obwohl Generationen von Räubern und Archäologen seither keinen Stein auf dem anderen gelassen haben, sucht Carter, ein wissenschaftlicher Amateur, wie besessen nach dem Grab eines Königs, von dem er nur den Namen kennt: Tut-ench-Amun. Vor dem Grab von Ramses VI. legt er schließlich eine Treppe frei, die nach 16 Stufen vor einer unversehrten, versiegelten Tür endet. Am 6. November 1922 telegrafiert Carter von Luxor an seinen Finanzier Lord Carnarvon in London: "Habe endlich wunderbare Entdeckung im Tal gemacht." Beide können nicht ahnen, dass der größte Schatzfund der Geschichte auf sie wartet.
Zusammen mit Lord Carnarvon stößt Howard Carter drei Wochen später auf eine zweite versiegelte Tür. Der Raum dahinter ist über und über gefüllt mit Grabbeigaben. "Als meine Augen sich an das Licht gewöhnten, tauchten bald Einzelheiten im Innern der Kammer auf, seltsame Tiere, Statuen und Gold - überall der Glanz des Goldes", notiert Carter später. Schon jetzt übersteigt das Ausmaß des Fundes seine Fähigkeiten bei weitem; Chemiker und versierte Archäologen werden hinzugezogen. Wie ein Lauffeuer verbreitet sich die Nachricht von Carters Sensationsfund um die Welt. Unter den Augen hunderter Reporter und Schaulustiger werden in den folgenden drei Monaten 5.398 edle Kultgegenstände geborgen. Dann endlich, am 16. Februar 1923, beginnt Carter in Anwesenheit Lord Carnarvons, dessen Tochter sowie hohe Repräsentanten Ägyptens und Großbritanniens, die Wand zur eigentlichen Grabkammer zu öffnen.
Zum Vorschein kommt ein goldüberzogener Holzschrein, der fast die gesamte Sargkammer einnimmt. Dahinter liegt eine zum Bersten gefüllte Schatzkammer. Eindrucksvoll schildert Carter in seiner Chronik der Ereignisse, wie er "mit immenser Spannung" den Sarkophag aus gelbem Quarzit öffnet, auf weitere, ineinander geschachtelte Särge stößt und schließlich in die heute weltberühmte Goldmaske des jungen Pharaos Tut-ench-Amun blickt. Wie sich später erweist, verschweigt der ruhmreiche Entdecker allerdings, dass er schon im November zusammen mit Lord Carnarvon in die Grabkammer eingebrochen war. Als er das einzige je unversehrt aufgefundene Pharaonengrab nach 3.000 Jahren angeblich das erste Mal betritt, ist der Mörtel an einigen Stellen noch ganz frisch. Zudem tauchen bald Kostbarkeiten auf, die Carter damals heimlich entnommen hat. Obwohl als "Entdecker des Grabes von Tut-ench-Amun" eine Berühmtheit, bleibt dem wegen seiner anmaßenden Art wenig geschätzten Autodidakten wissenschaftliche und gesellschaftliche Anerkennung sein Leben lang verwehrt. Als armer Mann stirbt Howard Carter am 2. März 1939 in London.
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