Thema: Stichtage
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22. February 2008, 09:57   #53
Jules
 
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22. Februar 1793: Friedrich Wilhelm Harkort wird geboren

Harkort-Turm, Harkort-Schule, Harkort-Straße, Harkort-See - von Hagen über Wetter bis nach Dortmund ist der Familienname Harkort gegenwärtig. Er erinnert an den Unternehmer, Politiker und Sozialreformer Friedrich Wilhelm Harkort. Der "Vater des Ruhrgebiets", wie er später genannt wird, kommt am 22. Februar 1793 auf dem väterlichen Gut in Harkorten zwischen Hagen und Gevelsberg zur Welt. Die Familie zählt seit dem 16. Jahrhundert zu den bestimmenden Familien im Märkischen. Der Sohn eines Kaufmanns und Gutsbesitzers gilt als schwierig und schroff, aber auch als begabt und fleißig. Nach Volks- und Gewerbeschule macht er in Wuppertal-Barmen eine kaufmännische Lehre. 1818 kauft er die Burg Wetter und gründet dort die "Mechanischen Werkstätten", das erste Eisenindustrie-Werk in Westfalen. Harkort segelt nach England, um Arbeiter mit Maschinenkenntnissen anzuwerben.

"Wir sind nicht auf der Welt, um stillezustehen und zu genießen, sondern um fortzuschreiten", lautet einer von Harkorts Wahlsprüchen. Der Industrie-Pionier errichtet eine Werkschule für seine Arbeiter, investiert in Transportwege zu seiner Burg, erschließt neue Absatzmärkte, kauft Werke hinzu - und scheitert doch. Er muss seine Maschinenfabrik, die die "Preussische Staatszeitung" 1822 noch als eine der "merkwürdigsten und bewundernswertesten Anstalten Deutschlands" gepriesen hat, verkaufen, weil der wirtschaftliche Erfolg ausbleibt. Harkort scheitert auch mit seinem Vorstoß, Eisenbahnen in Deutschland einzurichten, und seinem Traum, auf dem Rhein die Dampf-Schifffahrt einzuführen. Fast 20 Jahre ist Harkort als Unternehmer tätig. 1838 steht er mit 45 Jahren endgültig vor dem Aus: "Mich hat die Natur zum Anregen geschaffen. Das Ausbeuten muss ich anderen überlassen."

In der zweiten Lebenshälfte widmet sich Harkort der Politik und wird 1871 für drei Jahre Mitglied im Deutschen Reichstag. Er fordert Freihandel nach innen und Schutzzölle nach außen, setzt sich aber auch für bessere Arbeitsbedingungen ein: Verbot von Kinderarbeit, gesetzlich festgelegte Arbeitszeit, Gewinnbeteiligung der Arbeitnehmer. Harkort wird zu einem Wegbereiter der Sozialversicherungen für Kranke und Alte - nach seiner Idee finanziert durch Beiträge der Arbeiter und Zuschüsse der Unternehmer. Auch als Bildungspolitiker profiliert sich Harkort: "100.000 Fibeln, die 3.000 Taler kosten, haben einen größeren Wert für die Erziehung der Menschheit als 100.000 Bewaffnete, die jährlich neun Millionen verschlingen." Er initiiert Gewerbeschulen, weil davon sowohl Arbeiter als auch Unternehmer profitieren. Harkort ist zwar liberal, denkt aber patriarchalisch: Dass Arbeiter seit der Revolution von 1848 ihre Belange selbst in die Hand nehmen wollen, billigt er nicht. Mit 87 Jahren stirbt Harkort am 8. März 1880 in seinem Haus in Dortmund-Hombruch.

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