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18. April 2008, 01:11   #31
Ben-99
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... wird immer lustiger, denn bald erzählst Du mir auch noch, daß es für das Magazin auch "völlig normal" war, bei der letzten Bundestagswahl in einem bizarren Schulterschluß ausgerechnet mit der "Bild"-Zeitung für Angela Merkel als Kanzlerin und somit für die CDU/CSU zu trommeln. Ich bin damals nachts schweißgebadet aufgewacht, weil ich meinte die Schmerzensschreie von Rudolf Augstein zu hören, der in seinem Grab rotierte wie ein Ventilator auf höchster Stufe im Hochsommer ;-)

Wer das alles für "normal" hält, und da bist Du ja nicht der Einzige, wenn ich mir dort manche devoten Leser-Kommentare ansehe, kennt offenbar den "Spiegel" in der Zeit vor Stefan Aust nicht, oder noch präziser ausgedrückt: in der Zeit, bevor Augstein starb und sein Zögling auf alle Versprechungen pfiff, das Blatt in seinem Sinne weiterzuführen. Das war anmaßend und hat ihm am Ende auch das Genick gebrochen. Das ist natürlich nur sinnbildlich gemeint. Denn: Wo kein Rückgrat ist, fehlt auch das Genick. Und so kann der Herr nun mit einer Abfindung in geschätzter Höhe von 5 Millionen Euro theoretisch auch zum Springer-Verlag gehen, was er vielleicht sogar auch tun wird.

Daß ein Demagoge wie Henryk Broder immer enthemmter seinen Haß auf alles, was mit dem Islam zu tun hat, ausleben darf, daß Kasper und Ego-Wichser wie Reinhard Mohr regelmäßig ihr Ejakulat in die Menge verspritzen dürfen, daß sich der eigentlich ganz sympathische, aber offenbar krankhaft exhibitionistisch veranlagte Matthias Matussek inzwischen sogar nackt präsentieren kann und daß eben auch die neoliberalen Ressortleiter Gysi und Lafontaine zum Abschuß freigegeben haben, damit jedes kleine "Spiegel"-Würstchen selbst bei den nichtigsten Anlässen auf ihnen herumtrampeln kann, das sind ganz sicher noch die Nachwirkungen der Ära Aust. Denn so schnell läßt sich das Heer der angepaßten "Spiegel"-Soldaten nun mal nicht umprogrammieren. Wer mag auch schon gern freiwillig umdenken und zugeben, daß er als katzbuckelnder Redakteur unter Aust womöglich für den Rest seiner Tage versaut wurde?

Aber das Argument lautet ja immer: Der "Spiegel" ist nach wie vor wirtschaftlich erfolgreich, also prallt jede Kritik ab. Und so lange es Leser gibt, die die Veränderungen nicht spüren (wollen oder können) und wohl auch nichts dagegen haben, daß die Online-Redaktion des früher mal einzigartigen deutschen Nachrichtenmagazins inzwischen nicht nur täglich von der "Bild"-Zeitung abschreibt, sondern sich auch inhaltlich immer mehr der Springer-Presse anpaßt, ist doch alles in Ordnung. Allerdings bin ich überhaupt nicht Deiner Meinung, daß man dieses jämmerliche Trauerspiel auch noch als "ganz normal" bezeichnen kann.

Gruß Ben