Luftkampf im Ersten Weltkrieg: Der englische Major sieht den Feind aus dem Augenwinkel. Die Fokker nähert sich schießend aus der Drei-Uhr-Position. Doch Sekunden später hat der Engländer den deutschen Jagdflieger Manfred von Richthofen im Fadenkreuz. Doch es fällt kein Schuss: Ladehemmung. Außerdem hat es seinen Motor erwischt. Richthofen bemerkt die Lage und gibt dem Engländer ein freundliches Handzeichen: "Lass uns landen!" Minuten später stehen die beiden Feinde auf dem Acker und rauchen Zigaretten. "Als ich sah, dass Sie Probleme hatten, konnte ich Sie doch nicht abschießen", sagt von Richthofen. "Ich mag euch Engländer, denn auch ich liebe Fair Play!" - Eine wunderbare Geschichte von Großmut und Ritterlichkeit, aber sie ist falsch. Wie so viele Heldenlegenden um von Richthofen.
Geboren wird Manfred Freiherr von Richthofen am 2. Mai 1892 im schlesischen Breslau als Sohn eines preußischen Majors. Nach seiner Ausbildung wird er 1912 Leutnant. Drei Jahre später lernt er fliegen. Im März 1916 wird er der Jagdstaffel von Hauptmann Oswald Boelcke zugeteilt. Seinen Dreidecker lässt von Richthofen rot anstreichen, was ihm später den Spitznamen "Roter Baron" einbringt. Schon nach wenigen Monaten hat er die meisten Abschüsse aller deutschen Piloten zu verzeichnen. "Liebe Mama", schreibt der als Kriegsheld Gefeierte nach Hause, "das Herz schlägt einem höher, wenn der Gegner, dessen Gesicht man eben noch gesehen hat, in Flammen gehüllt abstürzt." Noch heute streiten Experten, ob von Richthofen ein Fall für die Psychiater war. Möglicherweise war seine Angriffslust die Folge einer Schussverletzung am Kopf, einer Schädigung des vorderen Stirnlappens.
Insgesamt hat von Richthofen 80 Gegner abgeschossen, als er am 21. April 1918 selbst getötet wird. Bis heute gibt es verschiedene Versionen, wie er gestorben ist. Mal soll ein kanadischer, mal ein australischer Flieger den 25-Jährigen bei Vaux-sur-Somme in der Luftschlacht besiegt haben. Nach einer weiteren Überlieferung hat ihn ein Soldat vom Boden aus mit einem Gewehrschuss erwischt. Kaiser Wilhelm II. kondoliert: "Bei Mir, Meiner Armee und dem deutschen Volk unvergessen". 15 Jahre später nutzen die Nazis von Richthofen für ihre Propaganda: "Manfred von Richthofen war Nationalsozialist, denn er liebte sein Volk über alles, und die Ehre und der Ruhm seines Vaterlandes war ihm das Höchste", sagt Reichsmarschall Hermann Göring bei der Einweihung eines Richthofen-Museums. Die Bundesluftwaffe stört sich offensichtlich nicht daran. Von Richthofen gilt den Fliegern noch heute als Vorbild. Das Jagdgeschwader 71 trägt seinen Namen.
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