Der 1. Juni 2003 hätte ein Triumph chinesischer Ingenieurskunst werden können. An diesem Tag nämlich füllt sich der Stausee hinter der 185 Meter hohen Mauer des Drei-Schluchten-Damms am Yangtse langsam mit Wasser. Wenn der See 2009 komplett fertig gestellt ist, wird er mit seiner Kapazität von 15 Atomkraftwerken das größte Wasserkraftwerk der Welt sein. Aber dann macht die Lungenseuche Sars den Parteibossen einen Strich durch die Rechnung. Die Eröffnungsfeierlichkeiten werden abgesagt.
Überhaupt ist in China vielen Menschen nicht nach Feiern zumute. Denn das Prestigeobjekt, von dem bereits Mao Zedong in den fünfziger Jahren geträumt haben soll, wird 1992 gegen den Willen von rund einem Drittel der Abgeordneten von Premierminister und Wasserbauingenieur Li Peng durch den Volkskongress gebracht. Zwei Jahre später ist unterhalb der Großstadt Chongqing Baubeginn. In den nächsten zehn Jahren müssen vier Millionen Menschen umgesiedelt werden. Neue Städte werden gebaut, Abfindungen versprochen. Aber das Geld kommt bei vielen Betroffenen nicht an, für die Städter gibt es in der Fremde nicht genügend Arbeitsplätze, Bauern erhalten als Ausgleich für ihr Land nur minderwertigen Ersatz. Viele Menschen, die in entfernte Gebiete ziehen, kommen später zurück, weil die Anwohner die Neuen nicht willkommen heißen.
Das Wasser des Yangtse schmecke nach Wein, heißt es in einem chinesischen Volkslied. Das Wasser des Drei-Schluchten-Stausees hingegen ist ungenießbar. Denn die überfluteten Städte und Fabriken haben das Wasser vergiftet - nur eines von vielen Umweltproblemen, die der Drei-Schluchten-Staudamm mit sich bringt.
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