Dem Sterben auf dem Schlachtfeld folgt das Sterben auf dem Krankenbett. Zum Ende des Ersten Weltkriegs wird die Welt von einer Seuche heimgesucht. Man nennt diese alle betreffende Seuche (deshalb "Pandemie") die "Spanische Grippe", denn die ersten Meldungen über ihr Auftreten kommen aus Spanien. Das Land ist nicht in den Ersten Weltkrieg verwickelt, deshalb gibt es hier keine Nachrichtenzensur. Tatsächlich bricht die Seuche jedoch schon früher in den USA aus. Aus Kansas sind erste Fälle für den März 1918 beschrieben. Von hier aus gelangt der Erreger mit den Truppentransporten nach Europa.
Weltweit sterben unterschiedlichen Schätzungen zufolge mindestens 27 Millionen, vielleicht sogar 50 Millionen Menschen an dieser Grippe, die meisten innerhalb kurzer Zeit. Fast jeder Mensch erkrankt während der drei Wellen der Seuche zwischen 1918 und 1920 einmal an ihr. Die Krankheit fordert also weit mehr Opfer als der Weltkrieg. Die meisten Todesfälle gibt es in Indien, Russland und Europa. In Deutschland erliegen mehr als 300.000 Menschen der Infektion. Im Europa der Kriegs- und Nachkriegszeit wird die Seuche jedoch verharmlost, die Berichterstattung teilweise unterdrückt, und so bleiben auch die Maßnahmen gegen ihre Ausbreitung halbherzig. Kriegschaos und Hunger machen es der Krankheit leicht. Zugleich verdecken sie auch die Ursache des Sterbens. Ein effektives Gegenmittel gibt es nicht, denn der Krankheitserreger ist unbekannt. Bis heute ist die wohl größte Pandemie der Menschheitsgeschichte weit weniger bekannt als etwa die Pest des späten Mittelalters.
Der Influenza-Virus wird erst 1933 entdeckt. Und erst in den 1990er Jahren gelingt es Forschern, in gefrorenen Leichen in Alaska den Erreger von 1918 zu isolieren. Sie nennen ihn "H1N1, Subtyp A". Heute steht ein später Verwandter, H5N1 - der Erreger der Vogelgrippe - in den Schlagzeilen. Dass er auf Menschen übergreifen und eine Pandemie auslösen könnte, halten Forscher durchaus für möglich.
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