"Ich arbeite Tag und Nacht von morgens acht bis abends." Friedrich Flick präsentiert sich 1946 im Verhör für seinen Prozess in Nürnberg als fleißiger, gewissenhafter Unternehmer. Es geht um Arisierungen, Zwangsarbeit und Spenden an SS-Chef Heinrich Himmler. Die 100.000 Reichsmark pro Jahr an Himmler seien eine Art Lebensversicherung gewesen, sagt Flick. Er habe nicht anders gekonnt, als Zwangsarbeiter zu beschäftigen und von jüdischem Besitz zu profitieren. Flicks Angaben sind lückenhaft: "So genau habe ich das nicht mehr in Erinnerung."
Friedrich Flick wird am 10. Juli 1883 als Bauernsohn im siegerländischen Kreuztal geboren. Nach dem Gymnasium in Siegen geht "Flickens Fritz" nach Köln an die Handelshochschule. 1906 besteht er die Prüfung als Diplom-Kaufmann. Seine ersten Erfolge hat er mit Kohle und Eisen. Im Ersten Weltkrieg macht Flick aus Schrott ein Vermögen, nach dem Krieg leiht er sich Geld von den Banken und kauft damit Firmen. Ein guter Schachzug: Während der Weltwirtschaftskrise verliert das geliehene Geld wegen der hohen Inflation seinen Wert, Flicks Aktien hingegen nicht. In Finanzkreisen heißt Flick nun "der Geier". Ihn interessiert nur eins: das Geschäft. Politik ist für Flick nur Mittel zum Zweck. "Er ist erst dazu übergegangen, die Nazis zu unterstützen, als klar war, dass sie die politische Macht an sich reißen werden", sagt sein Biograph Thomas Ramge. Flick wird NSDAP-Mitglied und Wehrwirtschaftsführer. Er baut Flugzeuge und Bomben für Hermann Görings Luftwaffe. Er produziert auch Panzer und U-Boot-Teile, Eisen und Treibstoff. Mit 132 Gesellschaften und mindestens 40.000 Zwangsarbeitern. Flick wird der reichste Deutsche, er überflügelt sogar Gustav Krupp.
Flicks interner Nachrichtendienst findet rechtzeitig heraus, dass die Alliierten Deutschland aufteilen wollen. Daraufhin verlegt er die Konzernzentrale von Berlin nach Düsseldorf. Tatsächlich verliert er nach Kriegsende drei Viertel seines Besitzes. Alles, was im Osten liegt, wird enteignet. Bis zum Nürnberger Industriellen-Prozess kommt Flick in ein Internierungslager und muss Kartoffeln schälen. Er wird als Kriegsverbrecher zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt, von denen er fünf absitzen muss. Bereits aus der Haft heraus organisiert er den Neuanfang. Er verkauft seine verbliebenen Zechen im Ruhrgebiet und setzt auf neue Branchen. Mit Krauss-Maffei baut Flick Panzer für den Kalten Krieg, seine Dynamit AG in Troisdorf liefert die Munition. Feldmühle produziert Papier, Daimler-Benz Autos und Militärfahrzeuge. Flick hat sich fast 40 Prozent an Daimler gesichert. Er wird wieder zum reichsten Deutschen. Flick arbeitet zwölf Stunden am Tag, ist drei bis vier Tage pro Woche mit dem Schlafwagen auf Tour zu den Fabriken. Kein Alkohol, keine Hobbys, kein Luxus - seine Familie sieht ihn kaum. Für Flick zählen allein die Zahlen. So lange er lebt zahlt der Flick-Konzern keine Entschädigung an Zwangsarbeiter. Friedrich Flick stirbt am 20. Juli 1972 in Konstanz. Nachfolger im Konzern wird sein dritter Sohn Friedrich Karl, der später in die Flick-Affäre um Spendengelder verwickelt ist.
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