Elf Millionen deutsche Soldaten geraten während des Zweiten Weltkriegs in Gefangenschaft. Bei Kriegsende sind manche schon Jahre inhaftiert, weit weg in Lagern in den USA, in Kanada, in Ägypten oder der Sowjetunion. Andere werden erst im Mai 1945 gefangen genommen und in provisorischen Massenlagern untergebracht, beispielsweise entlang des Rheins zwischen Büderich und Mainz. Die Versorgungslage und hygienischen Zustände in den sogenannten Rheinwiesen-Lagern sind prekär. Dafür kommen die Gefangenen dort relativ schnell wieder frei. Die Genfer Konvention zum Schutz der Kriegsgefangenen von 1929 schreibt vor, dass Inhaftierte spätestens nach Friedensschluss freizulassen sind. Da es aber nach Kriegsende zu keinem Friedensvertrag kommt, ist das Schicksal der deutschen Soldaten zunächst ungeklärt. Als erste entlassen die USA deutsche Gefangene. Die Mehrheit kommt bis Mitte 1946 frei.
Länger dauert die Gefangenschaft für Wehrmachtsangehörige in britischer Hand. Sie werden im Bergbau und in der Landwirtschaft eingesetzt, da in Großbritannien ein großer Mangel an Arbeitskräften herrscht. 1948 sind noch fast 100.000 ehemalige Wehrmachtssoldaten in England inhaftiert. Zwar ist die Versorgungslage in den Kriegsgefangenenlagern in den USA deutlich besser als in England. Aber dennoch sprechen die Heimkehrer mit Hochachtung über ihren sogenannten Gewahrsamsstaat Großbritannien. Der Grund: Sie haben die "Re-education", die Umerziehung, positiver erlebt als Rückkehrer aus US-Lagern. Dort gibt es einwöchige Schnellkurse in Demokratie, mit einem Film oder Vortrag pro Tag. Die Briten sind gründlicher. "Da ging es weniger um Indoktrination oder Umerziehung im engeren Sinn, sondern um Bereithalten von Informationen, das Vermitteln einer demokratischen Grundhaltung", sagt Historikerin Renate Held. Es gibt Sprachkurse, Vorlesungen wie an einer Universität, berufliche Bildung, dazu Sport, Unterhaltung und ein Kulturprogramm. Das Lager darf allerdings nur in Ausnahmefällen verlassen werden, unter Bewachung und in Häftlingskleidung.
Im April 1947 einigen sich die Siegermächte darauf, alle Kriegsgefangenen bis 1948 nach Hause zu entlassen. Am 12. Juli 1948 verlassen die letzten deutschen Kriegsgefangenen die britische Inseln. Auch Frankreich lässt in diesem Jahr seine Internierten frei. Die Sowjetunion hingegen stellt sich auf den Standpunkt, dass kein Repatriierungsplan zustande gekommen und damit auch keine Rückführungsverpflichtung entstanden sei. Auf internationalen Druck erklärt sich die UdSSR dann doch bereit, bis Ende 1949 ihre Kriegsgefangenen zu entlassen. Tatsächlich kehren in diesem Jahr noch einmal rund 400.000 Deutsche aus dem Osten heim. Mehrere Zehntausend bleiben aber als zu langjährigen Haftstrafen verurteilte Kriegsverbrecher zurück. Sie kommen erst 1955 frei.
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