Thema: Stichtage
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10. August 2008, 13:47   #222
Jules
 
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09. August 1968: In NRW wird die Hauptschule gegründet

"Mehr Leistungsanspruch, eine durchgehende Fremdsprache, Bildung einer Schule der gehobenen Volksbildung" - diese Kriterien soll die geplante Hauptschule erfüllen, sagt NRW-Kultusminister Fritz Holthoff (SPD) zu Beginn seiner Amtszeit. Zwei Jahre später ist es soweit: Am 9. August 1968 gründet Holthoff die neue Schulform, er teilt die Volksschule in vier Jahre Grund- und vier Jahre Hauptschule auf. Zuvor haben sich die drei Parteien im NRW-Landtag, SPD, CDU und FDP, auf ein neues Schulgesetz geeinigt. Mit der Reform soll sich einiges ändern, zu allererst die Denkweise der Lehrer. Denn viele von ihnen waren der Ansicht, sagt Holthoff später, "es sei die Aufgabe der Schule, den Volksschülern eine schlichte Deutung der Welt zu vermitteln". Mit der Gründung der Hauptschule soll auch das allgemeine Bildungsniveau und die individuellen Bildungschancen für sozial benachteiligte Kinder verbessert werden.

Doch die Rechnung geht nicht auf, meint der Dortmunder Bildungsforscher Ernst Rösner: "Das war von Anfang an zum Scheitern verurteilt." Unmittelbar nach deren Einführung besuchen rund zwei Drittel aller Kinder die Hauptschule, heute sind es gerade einmal 15 Prozent. Ursachen für den Rückgang gibt es viele. Zum Beispiel macht kaum ein Hauptschüler später noch einen höherwertigen Abschluss. Noch 1985 ist sich der damals amtierende Kultusminister Hans Schwier (SPD) sicher: "Wir haben dafür gesorgt, dass die Hauptschule keine Sackgasse mehr ist, dass man von ihr aus alle Abschlüsse machen kann." Doch mittlerweile wechseln pro Jahr nur rund 1.000 Schüler von der Haupt- auf die Realschule und lediglich in Einzelfällen zum Gymnasium. Die Hauptschule scheint eine Art Restschule geworden zu sein: Jeder zehnte Schüler verlässt sie ohne Abschluss. Selbst mit einem guten Abschlusszeugnis ist die Chance für einen Hauptschüler gering, eine Lehrstelle zu bekommen.

Beschleunigt hat den Niedergang der Hauptschule unter anderem die nur ein Jahr nach ihr in NRW eingeführte Gesamtschule - ihre wohl größte Konkurrenz. Ob das dreigliederige Schulsystem für eine optimale Ausbildung sorgt ist umstritten. Nach Ansicht von Bildungsforscher Rösner sollten die Hauptschulen abgeschafft und alle Schüler stattdessen gemeinsam unterrichtet werden. NRW-Schulministerin Barbara Sommer (CDU) hält dagegen: "Es gibt kleinere Klassen, speziell ausgebildete Lehrer mit Förderkonzepten, Sozialarbeiter, zusätzliche Lehrer für Zuwandererkinder. Das würde untergehen, wenn wir alles in einen Topf werfen." Die Zukunft der Hauptschule in NRW ist ungewiss. In vielen anderen Bundesländern haben die zurückgehenden Schülerzahlen und der schlechte Ruf bei den Eltern bereits zum Aus der Hauptschulen geführt.

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