Thema: Stichtage
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14. August 2008, 14:30   #227
Jules
 
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14. August 1998: Tod von Showmaster Hans-Joachim Kulenkampff

Einen wie ihn wird es im Fernsehen wohl nicht noch einmal geben. "Der letzte Saurier" (Weltwoche), "Charmeur der alten Schule" (Kölner Stadt-Anzeiger) und "Mozart des Plaudertons" (Spiegel) steht über den Nachrufen anlässlich des Todes von Hans-Joachim Kulenkampff. Fünf Monate zuvor, als der Südwestfunk im März 1998 seine letzte Quizsendung "Zwischen Gestern und Morgen" wegen zu niedriger Quoten einstellt, fällt die Medienkritik noch etwas unfreundlicher aus. Von "Altherrenplausch" und "Museumsvitrine" ist da die Rede. Grund genug für den letzten und sicher populärsten TV-Star aus der Gründerzeit des Fernsehens, das definitive Ende seiner Karriere zu verkünden. Schwer an Krebs erkrankt, zieht sich Hans-Joachim Kulenkampff völlig aus der Öffentlichkeit zurück. Mit 77 Jahren stirbt er am 14. August 1998 in seinem Haus in Salzburg.

Dreißig Jahre lang ist "Kuli" im deutschen Fernsehen das Maß aller Dinge gewesen. Heute nahezu unmöglich zu erreichende Einschaltquoten von 80 bis 90 Prozent sind normal, wenn Kulenkampff die Nation zu "Die glücklichen Vier", "Sieben auf einen Streich" oder "Einer wird gewinnen" vor die TV-Geräte lockt. Lausbübischer Charme, Schlagfertigkeit, eine umfassende Bildung ohne Oberlehrer-Attitüde und sein unvergleichliches Talent zur pfiffigen Quasselei machen Kulenkampff einzigartig. Dabei hält er mit seiner politischen Einstellung nie hinter dem Berg. Mitten im Kalten Krieg sagt er "DDR" und nicht, wie damals verordnet, "sowjetisch besetzte Zone". Er macht Wahlkampf für Willy Brandt und nennt vor einem Millionenpublikum Mumpitz, was er für Mumpitz hält. Starken Oppositionsgeist, Schwatzhaftigkeit und einen fanatischen Freiheitswillen bescheinigt er sich selbst. Nur einmal muss sich Kulenkampff nachträglich entschuldigen, weil er Heiner Geißler "schlimmer als Goebbels" nannte.

Zum tragikkomischen Element der TV-Ära Kulenkampff gehört, dass der gelernte Schauspieler seinen Beruf als "Unterhaltungs-Fuzzi" nie sonderlich geschätzt hat. Zeitlebens sieht sich Hans-Joachim Kulenkampff zu allererst als Schauspieler. Schon in jungen Jahren zieht es den 1921 geborenen Sohn eines bremischen Kaufmanns zur Bühne. Er absolviert die Schauspielschule und spielt zunächst klassische Rollen. Anfang der 50er Jahre beginnt er, des Geldes wegen, als Conferencier für den Rundfunk zu arbeiten. Als seine Radio-Show "Wer gegen wen" 1953 versuchsweise im neuen Medium Fernsehen ausgestrahlt wird, beginnt Kulenkampffs Aufstieg zum unangefochtenen Liebling des deutschen Pantoffelkinos. 1964 startet seine erfolgreichste Show, das große Eurovisions-Quiz "Einer wird gewinnen", das er bis 1987, mit Unterbrechungen, 82 Mal moderiert. Das Aufkommen des Privatfernsehens kann Kulis Popularität zwar nichts anhaben, doch die Einschaltquoten seiner immer häufiger wechselnden Sendungen schmelzen unaufhaltsam dahin. Die Zeit der großen Samstagabend-Show, zu der sich die ganze Familie vor der Mattscheibe versammelt, ist endgültig vorbei. Seinen letzten großen Erfolg feiert Hans-Joachim Kulenkampff als Sandmännchen der Nation. Fast 2.000 Mal liest er zum Programmschluss im Ersten besinnliche "Nachtgedanken" vor - bis die ARD 1990 ihr ältestes Zugpferd aus dem Programm nimmt.

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