Thema: Harald Juhnke
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12. December 2001, 11:58   #15
Trullertante
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Wenn wir zu Einsätzen gerufen werden und als Einsatzgrund die allgemeine Bezeichnung „Familienstreit“ genannt wird, wissen wir meistens, was uns erwartet. Zu 95 % Prozent ist Alkohol im Spiel.
Was ich im Laufe meiner Dienstjahre an menschlichem Elend gesehen habe, würde ein Buch füllen.
Ich habe besoffene Männer gesehen, die am Heiligen Abend die liebevoll hergerichtete Wohnung zertrümmert, die Frau und die Kinder verdroschen haben und dann auch noch auf uns losgegangen sind. Und ich habe in weinende Kinderaugen gesehen, für die eine Welt zusammenbrach, weil der Papi so etwas macht.
Ich habe Männer gesehen, die Teile Ihrer Wohnungseinrichtung und sogar des Kinderzimmers verkauft haben, damit sie Geld zum saufen haben.
Ich habe aber auch Frauen gesehen, die volltrunken die Wohnungstür geöffnet haben und ein schreiendes Kind auf dem Arm hielten, das völlig unterernährt und verwahrlost war. Der Kühlschrank aber war stets mit reichlich Alkohol gefüllt.
Während meine Kollegen meist froh waren, wenn sie diese Orte verlassen konnten, ohne tätig zu werden, ergriff ich die Initiative.
Ich habe detaillierte Berichte an die zuständigen Jugendämter, Vormundschaftsgerichte und die sozialpsychiatrischen Dienste geschrieben in der Hoffnung, das sich etwas von Seiten der Behörden tut.
Das einzige was ich erreicht habe, war der Spott der Kollegen (Sozialtante) und den Rüffel der Vorgesetzten, meine Kompetenzen nicht zu überschreiten.
Wenn aber Kollegen ellenlange Berichte schreiben, wo man noch Haltverbotzeichen aufstellen kann, wurde eine gesamte Behörde hellhörig and richtig aktiv.
Ratet mal, wer eher zur Beförderung vorgeschlagen wurde ?

Als mein Mann anfing zu trinken und ich die ersten Ausfallerscheinungen feststellte, setzte ich ihm eine Frist, sich eine Therapie zu begeben. Er hat mich ausgelacht, bis er wegen seiner Krankheit seinen Job verlor.
So schwer es mir fiel, ich trennte mich von ihm, schon der Kinder wegen.
Heute ist er nach einer Therapie seit 2 Jahren „trocken“ und einsichtig.
An unserer Trennung wird sich aber nichts ändern.
Nach 12 Stunden Nachtdienst und meinen Einsätzen weiß ich warum...

@ Dr.Best:
Deine Schilderung ging mir unter die Haut. Danke für Deine Ehrlichkeit.