Thema: Fieber!!!
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22. December 2001, 16:27   #20
Akareyon
 
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^° ACHTUNG! MAMMUTPOST! °^ (Rezension Lord Of The Rings)

NUR LESEN, WENN IHR DIE BÜCHER KENNT (und euch nicht überraschen lassen wollt)!

Ich war bereits zweimal drin: The Lord Of The Rings von Peter Jackson.

Das Erlebnis beginnt mit einer ungefähr viertelstündigen Zusammenfassung des Teilbuches "Of The Rings Of Power And The Third Age" aus dem Silmarillion - die Zwerge und Menschen erhalten ihre Elbenmachtringe, die Elben die drei Ringe Celebrimbors, und der EINE Ring Saurons wird geschmiedet. Wir sehen die Schlacht vor Barad-Dûr nach der sieben Jahre langen Belagerung: Sauron (nach den Zeichnungen von Tolkien selbst designt) inmitten seiner Feinde, und mit jedem Schwerthieb fallen die Menschen und Elben vor ihm nieder - und er tötet Elendil, woraufhin Isildur eine Fingerresektion bei Morgoth's Lieblingssklaven vornimmt und dieser sich vorerst verflüchtigt. Kurz sehen wir auch Agent Elrond inmitten der absolut beeindruckenden, atemberaubenden Schlacht zwischen den Heeren (die Orcs, geifernd, wild, ungeordnet, rennen auf die still dastehenden Menschen und Elben zu, dann schiessen die Bogenschützen die ersten vier Reihen nieder).
Isildur gerät in den Ork-Hinterhalt und stirbt, sein Ringlein verschwindet im Anduin, wird gefunden, gerät wie in "The Hobbit" in Bilbos Hände undsoweiter - wir kennen die Geschichte. Die Musik knallt richtig rein, treibt die Bilder vorwärts. Geil!

Dann geht alles weiter wie im Red Book: Gandalf hält im Auenland Einzug (das Mißtrauen der Halblinge ihm gegenüber wird perfekt dargestellt), Bilbo verschwindet bei seinem hundertelfzigsten Geburtstag und Meriadoc und Peregrin werden als halbstarke Bengels mit nichts als Flausen im Kopf dargestellt (und stoßen nur zu Sam und Frodo, weil sie gerade bei Farmer Maggot Rüben und Kartoffeln geklaut haben). Bree liegt gleich hinter dem Baranduin

Das Design aller Gegenden (Barad-Dur, Hobbingen/Beutelsend, Orthanc/Isengard vorher und nachher, Bree, Weathertop, Moria) ist genial gelungen. Nicht wirklich gefallen haben mir Lothlórien und Elronds Haus: wie auch die Newsweek würde ich sagen, daß es einfach zu kitschig und unelbisch war. Die Landschaften - die Wälder, das Auenland, der Weg zwischen Hobbingen und, sagen wir mal, Moria: sind absolut glaubwürdig und wunderschön, besser hätten sie nicht sein können.
In vielen Details hält sich der Film sehr eng an bereits bestehenden Vorlagen: seien es die hinterlassenen Schriftsücke Isildurs in Minas Tirith, Balins Grabmal oder das Moria-Tor, oder daß Legolas einfach so über den Schnee läuft, während die anderen sich durchkämpfen müssen. Sauron, die Angorath, Gandalf und der Orthanc orientieren sich eng an bereits bekannten Zeichnungen Tolkiens, John Howes und Alan Lees. Doch im Großen liegt manches im Argen: da Tom Bombadil fehlt, händigt Streicher den Hobbits irgendwelche Waffen aus. Die Nazgûl scheinen auch nicht alle Latten am Zaun zu haben und stürmen das falsche Hotel in Bree (bzw. das richtige, merken aber nicht, daß die Hobbits schnell woanders abgestiegen sind) und benehmen sich auch sonst nicht so wie jemand, der seine Hosen mit Messer und Gabel zumacht. Nach der Schlacht auf Weathertop/Wetterspitze erscheint Arwen aus heiterem Himmel und bringt den todsterbenskranken Frodo nach Imladris/Bruchtal und läßt (anstelle Glorfindels) die Wasser des Bruinen über die Ringgeister brausen - saugeile Animation, wer's nicht weiß, achtet nicht darauf, daß das Wasser anscheinend tatsächlich die Gestalt weißer Pferde annimmt. Thumbs up dafür! Nur: was sollte diese Szene mit dem "Die Güte, die mir zuteil wurde, möge auf ihn übergehen"? Habe ich irgendwas im Buch überlesen? :confused:

Spätestens in Bruchtal tut einiges weh: Legolas und Gimli übernehmen die Rolle von Randfiguren (Gimli stereotyper, jähzorniger Haudrauf (im wahrsten Sinne des Wortes), und Legolas wird gar nicht richtig eingeführt und hat bereits seinen Ruf als Schwulibert weg), Boromir benimmt sich so offensichtlich daneben daß man meinen könnte, er hätte schon seit Minas Tirith irgendwelche bewußtseinsverändernden Drogen genommen. Agent Elrond ist gar nicht so gütig, wie ich ihn mir vorgestellt habe, schade. Das Ding zwischen Arwen und Aragorn ist viiieeel offensichtlicher als im Buch, und man fragt sich, wo da noch Platz für Éowyn in "The Two Towers" bleibt. Und die Kulissen dort sind total hulle. Sie sind schön, aber es sind eindeutige Kulissen.

Die Szenen auf dem Pass von Caradhras erinnerten mich an Charlie Chaplin's "Gold Rush" - viel billiger konnten die Kulissen da nicht sein. Sorry. Aber wirklich! Die Parallelen zu billigen Fantasy-Serien drängen sich manchmal regelrecht auf.

Moria kommt wieder saugeil, die Orcs überzeugen, der Troll macht Stress, ist aber ganz witzig. Bis auf ein total irreal aussehendes Trollhammerloch in der Wand sind die Kulissen und Animationen unübertrefflich. Der Balrog sah superpraktisch und handlich aus: genial. So einen will ich auch haben. Gandalfs Abgang ist problematisch, aber überzeugt.

Lothlórien fand ich total daneben und drängte sich auf wie ein "The Cell 2" - total psycho, Galadriel wie auf Entziehungskur, und ihr Aussetzer hat mir richtig Angst gemacht (ähnlich wie bei Bilbo) - vielleicht sollte sie ihre Drogen hintereinander nehmen und nicht alle gleichzeitig. Aber man bekommt was davon mit, welche Macht der Ring auf die Wesen hat, von daher superpraktisch.

Schließlich kommt es zu einem netten Gebattle der Uruk-Hai mit den Gefährten, es ist fast alles (auch dialogisch) wie im Buch.

Die Szenen zwischen Gandalf und Saruman (der ebenfalls genau so aussieht, wie er aussehen muß) in Isengard und im Orthanc wirken anfangs fast lächerlich: die Art und Weise, in der Gandalf Saruman unterliegt, haben was von einer schlechten Magic-Knights-Folge. "Hohoho! Wir sind die mächtigen Zauberer, ich böse, du gut, wir machen ugu-ugu!" Aber eigentlich ist es genau so, wie es sein muß, obwohl es nicht meinen Vorstellungen enstpricht. Nur finde ich, daß hier verdammt schlecht geschnitten wurde.

Die Sequenzen, in denen Frodo den Ring trägt (in denen er sich in der Geisterwelt bewegt), erscheinen mir etwas zu übertrieben wirr, aber es passt gerade noch zu Tolkiens Beschreibung.

Insgesamt würde ich sagen, daß alles ein wenig husch-husch geht im Vergleich zum Buch, wo sich die Action zieht und zieht und zieht...

Hört nicht auf mich! Ich bin überkritisch! Der Film ist geil!