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28. April 2002, 14:42   #1
ayla
 
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Nie ohne Anstandshäppchen

Damit gutes Benehmen leicht fällt - Dresdnerin unterrichtet Stilwillige

Der verflixte Salat. Das Riesenblatt soll in den Mund? Da greife ich doch gleich mal zum Messer, kleine mundliche Stückchen des grünen Ungetüms vorm geistigen Auge. Völlig falsch!

Salatschneiden wäre in diesem Fall eine Sünde, erklärt Stiltrainerin Katrin Kerber (33). Trotzdem darf das Messer in die rechte Hand. Zum Falten des Blattes nämlich. Aber Vorsicht. Nur gut gewickelt ist wirklich gewonnen. Sonst geht der Schuss nach hinten und das Dressing auf Nachbars Jacke los.

Und das wäre erst recht nicht im Sinne des Freiherrn von Knigge. Doch selbst für einen solchen Fall weiß Katrin Kerber Rat. Ein umgekipptes Glas, ein versehentlicher Rempler - "Nur einmal höflich entschuldigen und gut".

Die Wissbegierigen quittieren die Worte mit einem Schmunzeln. Wie schnell kann einem etwas Ungewolltes passieren.

Selbst beim Hauptgang eines Sechs-Gänge Menüs lauert die Gefahr. Wenn Schweinelendchen und Pfifferlingsoße aber auch so gut schmecken . . . Ratzeputz geleerte Teller jedoch wären Knigge ein Graus. Das Anstandshäppchen ist Pflicht. Es zeigt: Ich kenne die Regeln und bin satt. Für den Fall, dass die Portionen gar zu winzig ausfallen und das Maßhalten zur Qual machen könnten, rät Katrin Kerber, vorm Essen etwas zu essen. "Dann lässt sich alles entspannter genießen."

So ist es nicht verkehrt, dass bis zum ofenfrischen Zwiebelkuchen eine Verschnaufpause bleibt. Nächste Gelegenheit, weitere Feinheiten des richtigen Benehmens kennen zu lernen. Zwar ist der gute Knigge kein Unbekannter. Doch die vergangenen 200 Jahre sind an seinen Regeln nicht spurlos vorüber gegangen. "Knigge lässt sich nicht mehr auf einen bestimmten Beruf, auf eine bestimmte gesellschaftliche Stellung beschränken", gibt Expertin Kerber zu bedenken.

Dass einiges Laufende schon bekannt ist, erfährt Kerstin Kerber bei der nächsten Frage.

"Sagt man nach einem Niesen noch Gesundheit?" Nein, rufen die Stimmen aus dem Publikum. Der Nieser soll sich entschuldigen. Genau, Frau Kerber ist erfreut. Sie kennt auch den Grund für die Veränderung: Es gibt jetzt so viele Allergiker. Da käme mancher aus dem Gesundheit-Sagen nicht mehr heraus. Überhaupt, Floskeln sind passé.

Katrin Kerber: "Sagen Sie nur etwas, was Sie wirklich ernst meinen." Authentisch sein, heißt der entscheidende Tipp. Sich nicht verbiegen, nicht verstellen. "Ihr Gegenüber spürt das."

Vorm Zwiebelkuchen noch zwei Neuerungen. Zur Anstoßerei: Die ist nicht mehr nur mit Wein und Sekt möglich. Alkoholfreies wird ebenfalls zugelassen, der abstinent Lebenden wegen. Darf eine Frau einen Mann zum Tanzen auffordern, auch ohne Damenwahl? Ein klares Ja folgt dem kurzen Disput einiger Herren.

Zwischendrin wieder etwas Knigge. Dazu, wer wie wen begrüßt. Wann bei einer großen Gesellschaft mit dem Essen begonnen werden kann. Wie Gäste an einer Festtafel am besten platziert werden. Was angezogen wird, falls die Einladung Business-Kleidung verlangt.

Immer ganz man selbst bleiben

Von wegen Austern, Hummer oder Artischocken. Wie man mit denen fertig wird, lässt sich bei Katrin Kerber zwar auch erfahren. Doch die Grundkenntnisse erfordern ihre Zeit. Und sollte einem mal ein Hummer in die Quere kommen: dem versierten Nachbarn auf die Finger schauen. Oder einfach das Personal um Hilfe bitten. Eben immer ganz man selbst bleiben.



Klar, jede Menge Verhaltensregeln, aber den Ratschlag geben „Immer ganz man selber bleiben“.

Wenn einen am Ende des Kurses gesagt wird man soll doch so bleiben wie man ist, wofür dann diese ganzen Regeln. Gilt doch dann nur für diejenigen die diese Regeln sowieso schon beherrschen und danach handeln. Und die brauchen den Kurs nicht. :confused:

Irgendwie einen Widerspruch. Na ja, man hat durch die Teilnahme vielleicht einen netten Abend verbracht und neue Menschen kennen gelernt.