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24. June 2002, 14:43   #1
quentin
 
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Hungrige Sterne

Moin,

Hungrige Sterne
Galaktische Kannibalen fressen sich durchs All

Von Martina Sadler
Auf der Suche nach Zeitzeugen aus der Frühzeit
des Universums stieß ein Forscherteam der
britischen Open University auf eine Gruppe von
14 Milliarden Jahre alten Sternen. Die
Himmelskörper, die zu den ältesten des Alls
gehören, stellten die Astronomen vor ein Rätsel:
"Wir stellten fest, dass jeder Zwanzigste der von uns beobachteten Sterne kein
Lithium in sich trägt," sagt Sean Ryan, Leiter des britischen Forscherteams. Das
aber schien die Grundannahmen über die Entstehung des Universums in Frage
zu stellen.

Weltbild geriet ins Wanken
Wissenschaftler glauben, dass der Urknall nur drei Elemente hervorbrachte:
Lithium, Wasserstoff und Helium. Alle anderen Elemente seien erst später durch
chemische und nukleare Prozesse in den Sonnen entstanden. Dass es sich bei
den suspekten Sonnen um sehr alte Exemplare handelte, die unmittelbar nach
dem Urknall entstanden sein mussten, machte die Entdeckung nicht
angenehmer. "Manche Astronomen," so Ryan, "befürchteten bereits, wir hätten
etwas Grundlegendes über den Urknall und die Entstehung des Universums
nicht richtig verstanden."

Sterne drehten sich zu schnell
Eine andere merkwürdige Beobachtung brachte die Forscher schließlich auf die
richtige Spur. Mit Hilfe des William-Herschel-Teleskops auf den Kanarischen
Inseln stellten sie fest, dass die lithiumlosen Gesellen rasant um die eigene Achse
wirbeln. In der Regel drehen sich 14 Milliarden Jahre alte Sterne eher träge um
sich selbst. Die Methusaleme ohne Lithium aber sind laut Ryan rund 16-mal
schneller als unsere Sonne. Diesen Schwung, fanden die Forscher heraus,
konnten die schnellen Gestirne nur aus einem Grund haben - weil sie sich zuvor
größere Artgenossen einverleibt hatten.

David verspeist Goliath
In der Frühzeit des Universums bildeten sich Sterne aus heißen Gaswolken.
Manchmal seien zwei Sonnen dabei dicht nebeneinander entstanden - dichter,
als ihnen lieb sein konnte, erklärt Sean Ryan. Am Ende habe der kleinere seinen
größeren Nachbarn langsam verspeist. "Der große Stern verbraucht seinen
Kraftstoff schneller als der kleine", erklärt der Forscher. "Deshalb erreicht er
früher das Endstadium seiner Entwicklung und bläht sich zum roten Riesen auf."
Der kleinere, jüngere und deshalb stärkere Stern habe dann begonnen, sich die
äußeren Schichten des größeren einzuverleiben. Das geschluckte Material habe
sich in Drehungsenergie verwandelt und dem gefräßigen Zwerg seinen
schwungvollen "Spin" verpasst.

Lithium ist erstes Opfer des Kannibalen
Das Lithium der beiden Sonnen, glauben die Wissenschaftler, wurde in
nuklearen Reaktionen kurz nach dem Beginn des kannibalistischen Akts
zerstört. Da Lithium schon bei der relativ niedrigen Temperatur von 2,5
Millionen Grad Celsius vernichtet werde, könne es nur in einer dünnen Schicht
an der Oberfläche der Sterne bestehen - dort, wo es am kältesten ist. Diese
äußere Schicht falle dem kannibalistischen Nachbarn als Erstes zum Opfer.

Den Detektiven fehlen die Leichen
Vollständig zurückverfolgen aber können die Forscher den kosmischen
Kriminalfall nicht. Dafür fehlt ihnen das Wichtigste: die Leiche. Die aber wurde
vollständig verputzt. Was übrig bleibt, ist der Freudentanz der Vielfraße. Doch
auch der verliert zusehends an Schwung: Die Drehgeschwindigkeit der
gefräßigen Sterne, vermutet Ryan, hat seit dem kannibalistischen Akt immer
stärker abgenommen. Irgendwann, das scheint sicher, werden die jungen
Kannibalen so träge sein wie ihre uralten Artgenossen.
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da sind wohl auch Kohl`s Akten

mfg