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23. October 2005, 19:52   #32
tw_24
 
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Mir fiel die Unfähigkeit nicht weniger Eingeborener, "wie" und "als" halbwegs korrekt in ihren Sätzen unterzubringen, tatsächlich erst auf, als es nicht mehr mit großen Mühen verbunden war, Begrüßungsgeld zu kassieren - oder müssen wir rückblickend vielleicht "abzuzocken" einsetzen? -, es vermochten verdächtig viele Besserwessis, die alsbald die Buschzulage gen Osten spülte, nicht, diese beiden Dreibuchstaber für mich wohlklingend richtig zu benutzen.

Doch leider - es wäre ja auch zu schön gewesen - sind es doch nicht nur westlich der ehemaligen Demarkationslinie Aufgewachsene, die an dieser, so scheint es mir, Banalität scheitern. Als ich nämlich das eigentlich in jeder Hinsicht lustige Studentenleben begann, mußte ich auch von vielen Kommilitonen aus Neufünfland gar grausige Vergleichssätze hören, in denen nur ein "als" paßte, dennoch aber das "wie" erklang.

Statt mit einer freilich dilettantischen Marx-Auslegung Zeit zu verschwenden, wäre es in Staatsbürgerkunde manchmal wohl doch besser gewesen, die Befassung mit der Muttersprache des Philosophen und Gesellschaftskritikers zu forcieren. Jedenfalls haben wir es mit einem wohl gesamtdeutschen Phänomen zu tun, das dabei auch in allen Schichten zu beobachten ist, bei Politikern scheint es sogar eine Art Pflichtübung zu sein, beliebter zu sein wie die jeweilige Konkurrenz.

Dabei scheint die Politische Klasse, die ja nicht selten sich im Bereich der Schulbildung zu profilieren sucht, sowieso mächtige Probleme dabei zu haben, ein Deutsch zu gebrauchen, das zum Anspruch Leitkultur auch paßt. So höre ich in letzter Zeit, früher mag es mir weniger aufgefallen sein, Sätze wie diesen: "Die Firma XY legte seine Bilanz vor." Im Englischen ist es ja völlig korrekt, aber in der Deutschen Sprache müßte es wahrscheinlich doch "ihre Bilanz" heißen.

Daß solche Sprachverweser dann vor allem den Nachwuchs mit einer halbgaren Reform der Schriftsprache beglückten, und das de facto auch nur mit deren "unstrittigen" Regeln (War nicht gerade die Abschaffung von Streitfällen das erklärte Ziel?), verwundert nicht, sie mußten ihre eigene sprachliche Inkompetenz dem Nachwuchs verordnen, damit sie nicht mehr als so offenkundig Ahnungslose auffallen.

Tragisch nur, daß es ja tatsächlich noch den einen oder die andere gibt, die Deutsch noch beherrschen, ihre Zeit aber darauf verschwenden müssen, als Korrektoren etwa in Parlamenten oder in Lektoraten bei Verlagen auszubügeln, was mit dieser idiotischen Reform verbrochen wurde, statt tatsächlich sinnvoll ein wenig an der Sprache zu feilen, und sei es auch nur der Versuch, den Genitiv vor dem Aussterben zu bewahren ...

MfG
tw_24