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12. December 2005, 17:39   #4
tw_24
 
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Über Sinn oder Unsinn der Todesstrafe kann man natürlich prächtig streiten, gerade in diesem Fall hat die arg lange Haft ja doch aus einem Gangster einen Menschen gemacht, dem man als Nachbar wohl nicht mit Argwohn begegnen würde. Wenn Strafe also das Ziel einer Resozialisierung verfolgt, so war sie hier ausgesprochen erfolgreich. Und das macht den Fall durchaus zu einem, über den auch ein Arnold Schwarzenegger oder George W. Bush nachdenken werden bzw. würden.

Denn so sicher der Verurteilte heute wahrscheinlich ein angenehmer Zeitgenosse wäre, er bliebe begnadigt auch lebenslang hinter Gittern, so sicher ist aber offenbar auch, daß er ein mehrfacher Mörder ist, die härteste Strafe, die es in den USA gibt, auch nicht ganz unberechtigt sich 'verdient' hat. Es ging also bei seiner Verurteilung alles mit rechten Dingen zu, das Urteil fiel, so scheint's, nicht etwa aus irgendwelchen rassistischen Gründen so aus; es ist formal gerecht.

Die Todesstrafe sieht, und das eben macht die Entscheidung für Arnold Schwarzenegger schwierig, nicht vor, daß der Verurteilte durch irgendwelche Handlungen seine Besserung unter Beweis stellen kann, um ihr vielleicht doch noch zu entgehen - seine Verbrechen wurden einst als so schwer eingeschätzt, daß selbst eine solche Besserung ihn nicht mehr retten können sollte. Andererseits ist er nun trotzdem durchaus ein Sympathieträger geworden, ja vielleicht sogar ein für die Gesellschaft wertvoller Mensch.

Für genau solche Fälle wurde sicher die Möglichkeit einer Begnadigung vorgesehen, nur gibt es eben dennoch keine Vorschrift, in der steht, daß "Tookie" Williams' Strafe nun unbedingt in eine lebenslange Haft umgewandelt werden muß. Er hat, ist anzunehmen, irgendwann eiskalt Menschen umgelegt und deshalb möglicherweise heute genau die Gnade verdient, die er anderen gewährte, nämlich keine. Oder vielleicht doch, weil er jetzt ein eher Guter ist mit einem Fanclub, den der Gangster bestimmt nicht hätte?

Arnold Schwarzenegger muß seine Entscheidung begründen. Läßt er Williams vorzeitig sterben, wird das seiner Popularität vielleicht nicht dienen - und er eine kurze Debatte über Sinn oder Unsinn der Todesstrafe lostreten. Begnadigt er den Ex-Killer hingegen, hebt er damit ein irgendwann einmal als gerechtfertigt empfundenes Urteil auf, würde mit einem Willkürakt zwar ganz sicher nicht ein ganzes Rechtssystem ins Wanken bringen, aber doch auch die Botschaft aussenden, daß es eben Menschen gibt, die gleicher sind als andere.

Ich halte von der Todesstrafe nicht viel, in den USA allerdings steht wohl eine Mehrheit hinter ihr und zugleich viele Menschen hinter dem Verurteilten, die wahrscheinlich sogar noch größer ist als jene, die George W. Bushs Außenpolitik mittlerweile zumindest kritisch sieht. Die Todesstrafe steht also in den USA vorerst nicht grundsätzlich zur Disposition, und genau deshalb, weil zugleich Williams sich entwickelte, wie er sich entwickelte, muß Arnold Schwarzenegger seine Entscheidung sehr wohl überlegen, er kann nicht einfach eine Münze werfen.

MfG
tw_24